Marc Thiele
Wenn ich an Korn denke, sehe ich immer meinen Opa mit dem „Herrengedeck“ in der Kneipe nebenan. Ein Pils und ein Korn – echt Oldschool. In der Schule haben wir uns auf Feten den Korn in die Bowle oder heimlich „hinter die Binsen“ gekippt. Korn ist halt billig und so schmeckt(e) er auch. Korn gilt als alles, nur eben nicht hip und trendy oder vielleicht doch?
Mittlerweile sind Brände nicht mehr nur hip, sie sind ein Hype und irgendwann unausweichlich totgelaufen. Es war abzusehen, dass bei über 600 deutschen Gins die ersten Produzenten auf den Trichter kommen, dass dieser Markt nun doch langsam gesättigt ist und man ein neues Segment braucht. Was liegt da näher als mal wieder etwas Totgeglaubtes aus der Versenkung zu holen, in cool designte Flaschen zu packen und mit noch cooleren Namen zu versehen.
Nun ist es halt der Korn. Diese auf der Zunge und die Kehle herunter brennendes Gesöff aus der Eckkneipe nebenan. Aber war es mit dem Gin nicht ähnlich?
Nun ja, beim Gin kann man zumindest noch geschmacklich durch Botanicals variieren. Beim Korn ist das nach dem deutschen Reinheitsgebot verboten. Der Kornbrand darf hier nämlich nur aus dem vollen Korn von Weizen, Gerste, Buchweizen, Hafer oder Roggen hergestellt werden. Das lässt nicht viel Spielraum für Experimente – hier zählt dann ausschließlich das Können und die Kompetenz der Destillateure.
Natürlich wird Korn in Cocktails zum Einsatz kommen, wie viele andere Brände auch, aber – in den Bars der Republik wird schon fleißig an entsprechenden Rezepten gewerkelt – mit Sicherheit kommen dabei viele Köstlichkeiten zum Vorschein. Aber ich bin trotzdem skeptisch – vielleicht auch, weil ich dem Zeug bisher einfach überhaupt nichts abgewinnen kann.
Wenn der Trend tatsächlich kommt, werden wir alle sowieso auf den Zug aufspringen und unsere Hausbar um einige angesagte Korn, Doppelkorn oder Edelkorn bereichern.