Der Eingangsbereich des "de Zoes" von außen Der Eingangsbereich des "de Zoes" von außen
Foto: Christian Hornung
01.05.2024
Gastro

DE Zoes in Helden (NL)

Nobel-Küche im Bier-Museum

Redaktion: Christian Hornung

Bei diesen Speisen muss man reisen – das ist ja seit drei Ausgaben des „HINDENBURGER“ unsere Leitlinie für eine gut halbstündige Gourmet-Tour über die niederländische Grenze. Mit dem ebenso hartnäckigen wie hanebüchenen Vorurteil, dass die Holländer nicht kochen können oder wenn, dann maximal Frikandel, Pommes und Kipkorn, durften wir zum Glück bisher jedes Mal aufräumen. Und tatsächlich ist auch dieser Trip nach Helden, einem 6.275-Einwohner-Dorf zwischen Venlo und Roermond, ebenso überraschend wie komplett lohnenswert.

Bevor wir ein Restaurant zum Testen aussuchen, lesen wir Rezensionen anderer Gäste, befassen uns mit der Geschichte des Hauses und versuchen uns vorzustellen, ob die Speisekarte wirklich geeignet ist, die 30 bis 40 Kilometer jenseits der Gladbacher Stadtgrenze anzugehen und unseren Lesern guten Gewissens zu empfehlen. Für Bierliebhaber ist das beim „De Zoes“ schonmal gar kein Risiko: 350 verschiedene Gebräue gibt es hier zu erschmecken, es gibt „Limited Editions“, ständig Innovationen und seltene Rezepturen, dazu gleich 16 verschiedene Biere vom Fass: neun Sorten sind dauerhaft erhältlich, sieben wechseln je nach Jahreszeit und neuen Trends.

Von außen sieht das Restaurant zwar einladend aus, aber eher nicht wie ein Gourmettempel, sondern wie eine Mischung aus Western-„Saloon“ und urgemütlicher Dorfkneipe, draußen stehen schon die ersten Tische auf einer Vorgarten-Terrasse zur Straße, ein paar Fässer sind dekorativ zu Kräuterbeeten umfunktioniert. Spektakulär und sogar ein kleines bisschen atemberaubend wird es nach der freundlichen Begrüßung beim Gang zu unseren Plätzen im großen Saal: Es geht über eine gut vier Meter lange und anderthalb Meter breite Glas-Fliese, unter der der Braukeller liegt: mit großen Regalen samt Hunderten von Bierflaschen und mehreren kupferfarbenen Braukesseln.

„Preuve, prooste, praote“ ist das Motto an der Wand, darüber steht auch das Gründungsjahr 1937, hier darf und soll man also viel probieren, sich fröhlich zuprosten und nette Unterhaltungen führen. Immer wieder geht unser Blick durch diesen Glasboden in den Braukeller, aber auch die Decke des Restaurants ist spektakulär, quasi ein Seminar für die verschiedenen Bierarten und Brauformen, aufgebaut wie ein riesiger Stammbaum. Auch der straßenabgewandte Biergarten hinter dem Gastraum ist sehenswert: Mit Außenfeuerstelle, an der man supergemütlich den Aperitif trinken kann, Bäume und Pflanzen lockern das Ambiente auf, so dass man sich hier nirgends beengt vorkommt.

Neben den 350 Bieren gibt es hier nach Angaben der De-Zoes-Crew weitere 88 kalte und 23 warme Getränke – und 66 Gerichte stehen auf der Speisekarte. Möglichst viele Produkte stammen laut Homepage aus der direkten Umgebung, bei Spargel, Gurken und Rindfleisch sind die Bauern aus der direkten Nachbarschaft die Lieferanten.

Wir starten unseren Abend mit einem Limoncello Spritz (8,50 €) und einem Zoes Spritz (8,50 €), der an den bekannten Aperol-Klassiker zwar geschmacklich angelehnt ist, aber etwas mehr nach Pampelmuse schmeckt und mit einem cremig-schmelzenden Mandarinen-Sorbet sehr schön aufgepeppt wurde.

Da wir uns als Vorspeisen-Fans nicht so richtig gut entscheiden können, weil sich alles ausnahmslos lecker anhört, bestellen wir ein Trio: „Tonijn“, also Tunfisch für 17,50 €, dazu auch das Steak Tatar (14,50 €) und im Rahmen des Drei-Gänge-Menüs (44,50 €) meiner Lebensgefährtin kommt noch ein Spargel-Kunstwerk („Asperge“), das kostet 14,50 €, wenn man es nicht im Rahmen des Menüs bestellt.

Kunstwerke sind aber tatsächlich alle drei Starter. Das Tunfisch-Sashimi wird begleitet von eingelegtem Kohlrabi und gegrillten Zuckerschoten, dazu gibt es Baiserkugeln mit Apfelgeschmack - und das ganze Ensemble wird am Tisch noch mit einer leichten Granny-Smith-Soße aufgegossen. Der Tunfisch verblasst angesichts dieses ganzen umrahmenden Aromenfeuerwerks tatsächlich ein wenig, aber die Menge an Sashimi-Scheiben ist sehr großzügig und den Preis zu 100 Prozent wert. Noch ein kleines Manko: Die Filets waren noch ein wenig mit kleinen weißen Sehnen durchzogen, da hätte die Crew beim Parieren einen Tick mehr Sorgfalt walten lassen können.

Das Steak-Tatar, das mit Gurke und Schnittlauch, Wachtelei und Schnittlauchcreme, sowie Croutons und einem Senfkörnersößchen angerichtet wird, ist dafür ausnahmslos brillant! Allein die Zubereitungsform der Gurkenbeilage ist schon etwas aus der Sterneküche: püriert zu einer festen Creme und dann wieder in Gurkenform zusammengebastelt, dazu hochintensiv im Geschmack.

Und es geht nahtlos so weiter: Das runde Asperge-Türmchen besteht aus geröstetem und eingelegtem Spargel und hat zerriebene Ministreusel von Eigelb sowie Rucolacreme und Trüffelvinaigrette als Begleitservice. Wie die beiden anderen Starter beeindruckt neben der Optik und dem Geschmack auch das Zusammenspiel der verschiedenen Konsistenzen: fest und flüssig, cremig und crunchy.

Was uns ein wenig überrascht: Auf den Nachbartischen wird fast überall Brot gereicht, wir hatten als Gruß aus der Küche dafür nur ein kleines Probier-Glas mit einem nach Karamell schmeckenden Bierchen – zimmerwarm, aber trotzdem genial. Meine Frage nach etwas Brot wird freundlich bejaht, es kommt eine Tüte mit herrlich frisch gebackenem Brot, einer Speckbutter, einer weiteren Butter mit Räuchergeschmack und Aioli. Das Ganze tauchte allerdings später mit 8,75 €auf der Rechnung auf. Das ist angemessen, aber wir hätten uns trotzdem eine kleine Vorwarnung gewünscht.

Beim Hauptgang möchte ich mal wissen, wie so kreative Köche, wie sie hier augenscheinlich am Werk sind, mein geliebtes Saté zubereiten. Zuerst mal nehmen sie ein anderes Tier als in den meisten anderen niederländischen Restaurants und Imbissen: Weder „kip“ (Hühnchen) noch „varkenshaas“ (Schweinefilet), sondern „Saté van kalkoen“ wird hier serviert, also vom Truthahn. Laut Karte ist der Puter „hausmariniert“, die Satésauce selbstverständlich selbstgemacht, dazu gibt Garnelencracker, die viel aromatischer schmecken als diese oft nervenden „Kroepok“, die allzu oft einfach nur nach billigem Frittierfett schmecken. Atjar, also eingelegter Weißkohl auf Indonesisch mit Kurkuma und Ingwer, gibt es ebenso als Beilage wie knusprige Röstzwiebeln und hausgemachte Pommes mit Kräutern und Parmesansplittern. Das Gericht stimmt von A bis Z, hat eine wunderbare Schärfe und Erdnussigkeit, die aber noch genug vom Truthahn übriglässt.

Meine Freundin nimmt im Menü das Entrecôte (kostet als Einzelgericht 26,50€) ebenfalls mit den frittierten Landhauskartoffelstreifen sowie Tomaten, gegrilltem Gemüse der Saison (weißer Spargel, gedünstete Möhre, Creme von Kohlrabi und Petersilienwurzel). Die Espagnole-Sauce, also die Spanische Sauce, die das Gericht einbettet, ist in der Zubereitung echt mühsam: Brauner entfetteter Fond wird mit Röstgemüse aufgekocht, mit Weißwein deglaciert und nochmal mit frischen Tomaten und Kräuterbündeln aromatisiert, das ganze geht über Stunden. Wenn man das hinterher nachliest, freut man sich gleich nochmal: Hier wurde richtig Aufwand für die Gäste betrieben, und das hat sich einfach komplett gelohnt.

Was wir nur ganz offen zugeben müssen: Das Bierangebot überfordert uns, dafür müssen wir nochmal extra wiederkommen. Wir trinken dafür Rotwein, aber auch der ist top und vom Preis-Leistungsverhältnis großartig: Wir genießen San Marzano Negroarmaro (5 €) und Gran Trio Rosso (5,75 €), eine großartige Cuvée aus Malvasia Nero, Negroamaro und Primitivo.

Der süße Abschluss nur für meine Partnerin (ich hatte ja eine zweite Vorspeise) bildet ein Tiramisu mit Baileys, Kaffee und Schokolade (außerhalb des Menüs für 11,50 €), die ziemlich dekonstruiert daherkommt: Es sind zwar im Basisbereich marinierte Löffelbiskuit zu finden, darüber aber obendrauf Baileys-Eis und ein Schaum von weißer Schokolade.

Fazit:
Wir sind mit minimalen Abstrichen begeistert. Das „De Zoes“ ist eine spektakuläre herzliche mit brillanter Hochküche vor allem im Vorspeisenbereich, viel Liebe zum Detail, großem Aufwand, erstaunlicher Kreativität und freundlicher Bedienung, die trotz moderner Headsets nur beim Getränkenachschub etwas träge ist. Aber für zwei Aperitifs, fünf Glas Rotwein und zwei brillante Dreigang-Menüs bei insgesamt 158 € inclusive Trinkgeld können wir nur mal wieder sagen: Der gut halbstündige Trip über die Grenze hat sich mal wieder total gelohnt.


De Zoes
Molenstraat 7
NL-5988 EM Helden
Niederlande
Tel.: +31 - 77 307 1457
E-Mail: info@dezoes.nl
www.dezoes.nl

Öffnungszeiten:
Mo., Mi. - Sa.: 12:00 - 01:00 Uhr
So: 11:00 - 23:00 Uhr
Di.: geschlossen