Marc Thiele
Wohl jeder Freund der gehobenen Küche aus Mönchengladbach und der Region hat schon einmal den Namen „Amelsan‘s gehört. Die tragische Geschichte hinter dem Namen soll heute kein Thema sein, denn sie liegt schon ein paar Jahre zurück und wir wollen in die Zukunft blicken, denn eine solche hat das im Zentrum von Rheydt gelegene, kleine aber sehr feine Restaurant unter der Leitung von Juvan Thevarajah mit Garantie.
Tatsächlich schaffte ich es bisher nur zwei Mal ins „Amelsan‘s“ - damals noch unter dem Namensgeber Amelsan Thevarajah, dem 2022 verstorbenen Bruder des heutigen Inhabers Jovan Thevarajah. Viele Bekannte, mit denen in letzter Zeit über das Rheydter Restaurant sprach, zogen Vergleiche zu früher und gegen eine regionale Kulinariklegende anzukochen ist mehr als herausfordernd, vor allem für einen Bruder.
Nun also mein erster Besuch im „neuen“ Amelsan‘s und auch wenn es tatsächlich ein wenig schwer fällt, versuche ich mich nicht von meinen Erfahrungen in der Vergangenheit beeinflussen zu lassen. Der Mann, der nun hinter dem Herd steht, ist ein neuer „Chef“, mit eigenem Stil und Können.
Der Besuch im Amelsan‘s war recht spontan. Kurzentschlossen rief ich ein paar Stunden zuvor die Webseite www.amelsans.de auf und schaute, ob ich für den gleichen Abend noch einen Tisch bekommen könnte und auch wenn ich es natürlich gehofft hatte, war meine Überraschung dann doch groß, dass es klappte. 18:30 Uhr, 2 Personen. Perfekt! Also auf nach Rheydt.
Nach kurzer Parkplatzsuche erreichten wir das Restaurant auf der Wilhelm-Strater-Straße 1, direkt zwischen „Tellmann-Platz“ und Hauptstraße. Natürlich war wegen der Witterung die Außenterasse noch nicht geöffnet und wir betraten den Gastraum durch den schweren Windfangvorhang an der Türe.
Da wir problemlos einen Tisch bekommen hatten, war ich nicht überrascht, dass es nicht allzu voll war. Kurz vor uns hatte eine Vierergruppe das Restaurant betreten, womit nun zwei Tische im überschaubar großen Gastraum besetzt waren.
Wir wurden sehr freundlich empfangen und konnten uns einen der verfügbaren Tische aussuchen. Unsere Wahl fiel auf einen Fensterplatz, von wo aus ich direkt in die offene Küche schauen konnte. Perfekt, denn ich mag es, dem Küchenteam bei der Arbeit quasi „auf die Finger“ zu gucken und ich kann einen Blick auf die Sauberkeit in den kritischen Bereichen werfen. Hier war diesbezüglich alles perfekt.
Nachdem er uns die Jacken abgenommen hatte, kam der sehr freundliche Servicemitarbeiter an unseren Tisch, gab uns die Karte und fragte und nach einem ersten Getränkewunsch. Wir entschieden uns gegen einen Aperitif und bestellten lediglich eine Flasche Stilles Wasser. Danach widmeten wir uns der kulinarischen Abendgestaltung und warfen einen Blick in die Karte.
Zur Auswahl standen sowohl ein Drei-Gang-Menü zum Preis von 83 €, ohne Weinbegleitung, als auch eine überschaubare Anzahl einzelner Gerichte. Drei Vorspeisen - Fisch, Fleisch oder (wahrscheinlich) vegetarisch, ebenso drei Hauptgerichte - Fleisch, Fisch, Pasta, gefolgt von vier weiteren Fleischgerichten, sowie vier verschiedene Beilagen, die separat bestellt werden konnten und vier Soßen. Als Abschluss bot die Karte sechs verschiedene Desserts, darunter eher seltener zu bekommende Crêpe Suzette. Schön! Das ist mal was anderes als immer Crema Catalana bzw. Crème Brûlée.
Tatsächlich brauchten meine Begleitung und ich trotz des überschaubaren Umfangs der Karte etwas länger, um uns zu entscheiden - die angebotenen Gerichte klangen allesamt sehr verlockend, Schlussendlich fiel dann doch die Entscheidung und da wir nun wussten, was wir essen würden, widmeten wir uns nun der Weinkarte - ebenfalls überschaubar mit einem Rosé, sechs Weiß- und fünf Rotweinen sowie einem alkoholfreien Weißwein. Auch wenn wir einige der Winzer wie Peth-Wetz, Hensel und Schloss Affaltrach kannten, so hatten wir doch noch keinen der angebotenen Weine zuvor getrunken.
Wir signalisierten dem freundlichen Servicemitarbeiter, dass wir uns entschieden hätten und er kam prompt, um unsere Bestellung aufzunehmen und die eine oder andere Frage zu den Gerichten und Weinen zu beantworten.
Meine Begleitung startete mit Seeteufel an Tomatenkonfitüre mit Shisu und einem Schäumchen mit leichten Zitrusnoten (18 €). Dazu wählte Sie einen Schloss Affaltrach Grauer Burgunder (0,2l, 9€). Ich entschied mich als Vorspeise für ein klassisches Beef Tartar (17 €) und als Weinbegleitung für einen Izadi Crianza Rioja (0,2l, 12 €).
Kaum 15 Minuten nach der Bestellung standen beide Vorspeisen perfekt angerichtet auf dem Tisch. Nach den obligatorischen Food-Fotos konnten wir beide es kaum abwarten, endlich zu kosten und wurden nicht enttäuscht. Sowohl der Seeteufel als auch das Beef Tartar überzeugten auf voller Linie. Der Fisch war butterzart, hatte leichten Röstaromen auf der Oberseite, was wiederum perfekt zu den begleitenden Tomaten- und Zitrusnoten passte. Auch mein Beef Tartar war perfekt zubereitet. Klassisch mit einer Abwandlung - ein kleines Spiegelei statt eines rohen Eigelbs – was dem Genuss keinen Abbruch tat.
Als nächstes stand der Hauptgang an. Meine Wahl fiel erneut auf Fleisch - das Roastbeef auf Selleriepüree mit Trüffeln und Chicorée an einer Jus (32 €) hatte mich zu sehr angesprochen. Dazu bestellte ich einen Primitivo Foresta Ombrosa Bio (0,2l, 9 €).
Auch meine Begleitung entschied sich diesmal für ein Fleischgericht - Entenbrust, dazu zwei Beilagen: Baby-Gemüse und Drillinge sowie als Sauce eine Jus (32 €) . Dazu wählte sie den einzigen Rosé auf der Weinkarte, den Château Minuty Cuvée 2022 (0,2l, 11 €).
Auch bei den Hauptgerichten mussten wir nicht allzu lange warten, bis sie serviert wurden. Ebenfalls sehr ansprechend angerichtet - das Auge isst mit und dieser Anblick machte Appetit.
Mein Roastbeef war perfekt medium rare, mit großartigen Röstaromen, butterzart und einfach köstlich. Die vier kleinen Kleckse der Jus passten aromatisch ebenfalls perfekt - es hätten gerne ein bis zwei Kleckse mehr sein dürfen, denn die Portion Roastbeef war nicht zurückhaltend klein. Auch das Kartoffelpüree mit Sellerie und Trüffeln war ein Genuss. Der gebratene Chicorée, der normalerweise nicht zu meinen bevorzugten Gemüsen gehört, passte aromatisch ebenfalls sehr gut in das Gesamtbild.
Die Entenbrust an Drillingen und Baby-Gemüse kam ebenfalls erneut in einer angenehmen Portionsgröße daher und war, wie alle anderen Gerichte bisher, schön und sehr appetitlich angerichtet. Das in dünnen Streifen geschnittene Fleisch war zartrosa mit leicht kross angebratener Haut und ebenso wie auch mein Roastbeef perfekt zubereitet. Die Zubereitung von Fleisch wird im Amelsan`s definitiv beherrscht, wobei der Seeteufel aus der Vorspeise dem in nichts nachstand. Das Baby-Gemüse war frisch und knackig. Zusammen mit der Jus und den Eigenaromen aller Zutaten ein köstliches Gericht ohne viel unnötigen Schnick-Schnack.
Zu guter Letzt das Dessert.
Da meine letzte Crêpe Suzette (12 €) breits einige Jahre zurück lag, fiel mir die Wahl hier leicht und auch meine Begleitung entschied sich schnell für die tagesaktuelle Auswahl von dreierlei Parfait (10 €). Für diesen letzten Gang verzichteten wir auf eine Weinbegleitung und auch auf den obligatorischen Espresso und beließen es schlicht und einfach bei stillem Wasser.
Wie auch bei den Gängen zuvor ließ der Service nicht lange auf sich warten. Vielleicht lagen meine letzten Crêpe tatsächlich zu lange zurück, so das ich mich nicht mehr an sie erinnern konnte (Ich wusste nur noch, dass ich sie damals köstlich fand), aber diesmal überzeugte mich das Gericht visuell nicht so sehr wie seine Vorgänger. Anders das Parfait meiner Begleitung, dessen Anblick mal wieder Appetit machte. Geschmacklich wußte mein Dessert jedoch auf ganzer Linie zu überzeugen. Die Orangenfilets und die Orangensauce hatten sich mit einer leichten und perfekt ausbalancierten Note von Grand Marnier verbunden und bildeten zusammen die perfekte Begleitung der ebenfalls wie im Lehrbuch zubereiteten Crêpe. Auf das Vanilleeis hätte ich verzichten können. Ich weiß, es gehört zu manchen Rezeptvarianten dazu, es nicht auf dem Teller zu haben, hätte jedoch keinen Geschmacksverlust bedeutet.
Das dreierlei Parfait meiner Begleitung hingegen war geschmacklich - gemessen an all den aromatischen Höhepunkten des Abends - eine leichte Enttäuschung und konnte uns beide nicht wirklich überzeugen. Vielleicht waren unsere Geschmacksknospen von all den Köstlichkeiten aber auch schon so ausgereizt, dass wir beide keine großen Unterschiede im Geschmack der drei Sorten mehr herausschmecken konnten. Das nächste Mal dann vielleicht doch lieber die Mousse au Chocolat.
Trotzdem genossen wir auch unseren letzten Gang in vollen Zügen und ließen uns Zeit, bis wir nach ca. 2,5 Stunden dann um die Rechnung baten, die mit 169,50 € angesichts dessen, was uns aufgetischt wurde, durchaus angemessen war.
Fazit:
Das Amelsan`s gehört für mich auch unter Juvan Thevarajah zu den Top-Adressen der Region. Kochkunst liegt hier scheinbar in der Familie, ebenso wie der Servicegedanke. Auch wenn eines der Desserts unsere im Laufe des Abends gewachsenen Erwartungen nicht ganz erfüllte, war das kulinarische Gesamtbild mehr als überzeugend. Die Weinkarte könnte für uns etwas optimiert werden, in den angebotenen Preissegmenten gibt es für meinen Geschmack schönere Tropfen, aber wie gesagt - unser Geschmack. Der Service war schnell, zuvorkommend, aufmerksam und dabei unaufdringlich und die Leistung der Küche spielt definitiv in der oberen Liga der regionalen gastronomischen Angebote. Preis - Leistung sind meiner Meinung nach absolut stimmig und angemessen. Wir kommen wieder.
Amelsan`s
Wilhelm-Strater-Str. 1, 41236 Mönchengladbach
Tel.: 0 21 61 - 620 299 5
Mi. u. Fr.: 12 - 15 Uhr (Küche 12 - 14:30 Uhr)
Mi. - Sa. ab 18 Uhr, (Küche 18 - 21:30 Uhr)
So. - Di.: geschlossen
https://amelsans.de/