Sigrid Blomen-Radermacher
Schloss Neersen in Willich: Ein Kleinod am Niederrhein. Einerseits ein Rathaus, andererseits Ausstellungs- und Veranstaltungsort für Kultur. Ein Haus mit bewegter und langer Geschichte. Romanisch begann das damals noch als Burg bezeichnete Bauwerk, wurde vom 13. bis 15. Jahrhundert im gotischen Stil weiter gebaut und im 17. Jahrhundert zum Schloss verwandelt. Im 18. Jahrhundert war es Sitz der kurkölnischen Verwaltung, dann Baumwollweberei und Wattefabrik – später Erholungsstätte für Kinder und Ausbildungsstätte des Deutschen Roten Kreuzes. 1970 kaufte die Stadt Willich das Schloss und die dazugehörige Parkanlage. Umfangreiche Umbauarbeiten begannen.
Für die Arbeit von Jutta Saum ist vor allem ein Raum des Schlosses von großer Bedeutung. Die Motte. So wird der 300 Quadratmeter große Raum im 2. Obergeschoss des Westflügels genannt. Hier organisiert die Kunsthistorikerin unter dem Label „Galerie Schloss Neersen“ dreimal jährlich Ausstellungen von Kunstwerken namhafter regionaler Künstlerinnen und Künstler. Jutta Saum und ihre Kollegin Astrid Kottal sind für das städtische Kulturprogramm zuständig. Während Astrid Kottal das Kabarettprogramm organisiert, betreut Jutta Saum den Bereich der Bildenden Kunst, das Kindertheater sowie die Musikveranstaltungen.
Jutta Saum, geboren 1965 in Düsseldorf, studierte in Aachen Kunst- und Baugeschichte sowie Germanistik. Schon früh begann sie, in und für Museen zu arbeiten, Sammlungskataloge zu erstellen, für Verlage und Kulturredaktionen über Kunst zu schreiben. Freiberuflich arbeitete sie bereits für das Kulturteam der Stadt Willich, bevor sie 2016 eine feste Anstellung annahm. Das Schreiben über Kunst ist ihre Leidenschaft geblieben und ein fester Bestandteil ihrer Arbeit neben der Auswahl der Künstlerinnen und Künstler.
Danach gefragt, welche Ausstellungen ihr in den vergangenen acht Jahren vor allem im Gedächtnis geblieben sind, fällt ihr die Auswahl schwer. Kein Wunder, sind es allesamt doch namhafte Künstler, die die Gäste in der Motte zur Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst anregten.
Im Frühjahr dieses Jahres zeigte die Düsseldorfer Künstlerin Renate Behla unter dem Titel „Melancolia“ eine Art Retrospektive ihrer zarten, aber kraftvollen Zeichnungen und Objekte (s. Foto). Ihre Bilder sind von einer Reduktion auf einige wenige Linien geprägt, die dennoch oder gerade deswegen eine große Kraft entfalten.
Menschen sind ein Thema der gegenständlichen Malerei der Künstlerin Edith Oellers aus Düsseldorf (s. Foto). In ihren Gemälden greift Oellers auf eigene und gefundene Fotografien von Menschen zurück und fokussiert sich auf die Stimmung, die die Szene hervorruft. Oftmals kombiniert die Malerin mehrere erlebte Geschehnisse miteinander und lässt eine neue Realität entstehen. Inessa Emmer bezeichnet sich selbst als „Holzschneiderin“ (s. Foto): In Neersen zeigte Emmer ihre Landschaften in der Technik der Farbholzschnitte. Emmer schneidet die Druckstöcke detailliert und bringt sie mit dem Druck ihres Körpers auf die Leinwand.
In jedem Sommer ist das Schloss Neersen Austragungsort der Theaterfestspiele. 2017 - 2019 organisierte Jutta Saum parallel zu den Schlossfestspielen Neersen das Projekt „Theater trifft Skulptur“. 2019 fanden die Arbeiten aus Beton von Martin Kleppe (s. Foto) nicht nur im Park einen Platz, sondern schwammen auch auf dem Teich.
Für das musikalische Kulturprogramm organisiert Jutta Saum vier Jazzkonzerte im Jahr sowie Klassik-Matineen, die allerdings nicht im Schloss, sondern in der Neersener Kapelle Klein-Jerusalem stattfinden.
Der Ausblick auf das zweite Halbjahr:
Nach der Sommerpause geht es mit der Eröffnung der Ausstellung des „Quartetts“ am 15. September weiter.
Zu dem Quartett gehören Ubbo Kügler, Wulf Aschenborn, Markus Kottmann und Christian Deckert, vier Düsseldorfer Künstler, die häufig gemeinsam ausstellen, weil ihre Arbeiten aus den Medien Malerei, Zeichnung und Film immer wieder in eine andere Verbindung miteinander treten.
Am 20. Oktober kommt die Künstlerin Ulrike Donié aus Linz am Rhein für einen Monat mit ihren Gemälden und Objekten in die Motte.
Für den Jahresbeginn 2025 ist eine Ausstellung mit den Arbeiten des Bildhauers Gereon Krebbers parallel zur Einweihung einer Skulptur geplant, die im Skulpturenpark von Schloss Neersen aufgestellt wird.
Gut zu wissen:
Die Ausstellungen in der Motte im Schloss Neersen, Hauptstraße 6, sind während der Woche mittwochs bis freitags von 17 bis 19 Uhr und am Wochenende von 11 bis 17 Uhr zu besichtigen.
Das neue Programm erscheint ab 5. August im Print und online unter https://www.stadt-willich.de/kultur-freizeit/kulturprogramm/galerie-schloss-neersen