Ein halber Wohnwagen in einer Gebäudewand Ein halber Wohnwagen in einer Gebäudewand
Foto: © Stadt Viersen
Skulpturlabor 2019, Installation von Emil Walde an der Fassade der Galerie
01.06.2024
Kunst

Die Städtische Galerie im Park Viersen

Redaktion: Sigrid Blomen-Radermacher

Manchmal wird’s richtig spektakulär in Viersen: Ein Wohnwagen geht durch die Wand, durchbricht die Fassade eines ehrwürdigen Hauses und bleibt in der Luft hängen. Manch ein Passant mag sich bei diesem ungewöhnlichen Anblick die Frage nach dem Warum stellen. Auf der Suche nach einer kurzen Antwort hilft es, das Schild an der Fassade zu lesen: „Galerie im Park“ liest man und schnell wird klar: Das ist eine Kunstaktion. Tatsächlich ist der Wohnwagen, der sich im Inneren der Galerie fortsetzte und in dem man Platz nehmen konnte, ein Projekt des Künstlers Emil Walde, der dies im Rahmen der Aktion „Skulpturlabor“ 2019 in Viersen realisierte.

Der Wohnwagen hing förmlich in der Luft. Wer nicht in der Luft hängen gelassen wurde und wird, das sind die Besucherinnen und Besucher der Städtischen Galerie im Park. Dafür sorgt die Leiterin der Galerie, Jutta Pitzen. Zu allen Ausstellungen bietet sie ausführliche Rundgänge, auch mittägliche Kurzführungen unter dem Motto „Kunst-Imbiss“ oder Gespräche zur Kunst bei einer Tasse Kaffee an. Kindertagesstätten und Schulklassen sind regelmäßig in der Galerie zu Gast, um die Kunst kennenzulernen und in einem Workshop ein eigenes Bild oder Objekt zu gestalten.

Jutta Pitzen ist über viele Jahre in den Job hineingewachsen. 1961 in Viersen geboren, machte sie am dortigen Mädchengymnasium ihr Abitur, um anschließend in Bonn Germanistik und Kunstgeschichte zu studieren. Ihren ersten Berufswunsch, Journalistin zu werden, verwarf sie schnell, liebäugelte mit dem Bibliothekswesen, blieb aber bei den einmal gewählten Studiengängen und schloss 1987 ihr Magisterstudium mit einer Arbeit über Fabeltheorien ab. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme öffnete ihr die Tür zum Kulturamt der Stadt Viersen. Sie arbeitete über den Journalisten, Schriftsteller und Kulturhistoriker Gustav René Hocke, der in Viersen seine Jugendjahre verbrachte und zu dem es in der Galerie ein Buch und eine Ausstellung gab, ebenso wie zu dem Bildhauer Jupp Rübsam. Nach der Geburt ihres Sohnes im Jahr 1991 erstellte Jutta Pitzen die Kataloge, in denen die umfassende Grafische Sammlung der Stadt Viersen dokumentiert und gut 400 Highlights der insgesamt mehr als 1500 Werke beschrieben werden. 2003 erhielt sie eine Festanstellung in der Galerie. Seit 2008 ist Jutta Pitzen für das Ausstellungsprogramm der Galerie im Park verantwortlich.

Es ist ein altehrwürdiges Haus: Die weiße „Villa Schumacher“ wurde 1868 für den Prokuristen der Firma Diergardt errichtet. Das Wohnhaus ging später in den Besitz der Firma Kaiser’s über. In den 1970ern wurde es Eigentum der Stadt Viersen.

1981 zog die Kunst in den klassizistischen Bau. Acht Jahre später begann sich der Park rund um die Galerie ebenfalls mit Kunst zu füllen: 1989 begründete der Verein für Heimatpflege e.V. Viersen eine Skulpturensammlung mit Werken namhafter zeitgenössischer Bilderhauer wie Tony Cragg, Gereon Krebber, Wang Du und vielen anderen.

Die Galerie im Park zeigt keine Dauerausstellung, sondern sechs bis sieben Wechselausstellungen im Jahr, die für mehrere Wochen zu sehen sind: Werke von Künstlern wie Georg Ettl, Jan Philip Scheibe, Käthe Wenzel, Ingo Ronkholz und den 16 Kunstgenerator-Stipendiaten von Stefanie Klingemann über Justyna Janetzek bis zu Nico Pachali. Daneben haben jährlich die Viersener Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit, Bilder und Objekte zu einem festgelegten Motto zu zeigen.

Ein großer Schatz ist die Grafische Sammlung der Stadt Viersen, die seit den 1960er Jahren besteht und weiterwächst. Sie umfasst Zeichnungen, Grafiken, Aquarelle aus der Zeit der Renaissance bis zur Gegenwart: Rembrandt ist dabei, Dürer, Chagall, Picasso. Immer wieder werden sie vorsichtig ans Tageslicht geholt und präsentiert.

„Ich mache alles vom Mülltonne rausstellen über Abrechnungen bis Ausstellungskonzeption und Führungen“, sagt Jutta Pitzen. Und sie macht es mit Herzblut: „Es ist ein Geschenk, die Leidenschaft zum Beruf machen zu können.“ Wenn sie an all die Ausstellungen und Aktionen zurückdenkt, die sie in ihrer Zeit als Leiterin auf den Weg gebracht hat, dann erinnert sie sich gerne an den Künstler Hendrik Beikirch, die Ausstellung „Art Shoes“ oder „Schwarz Weiß“. Wenn sie alle Wünsche frei hätte, wen würde sie gerne einmal ausstellen? „Tilmann Riemenschneider ist ein ganz großer Künstler, mit ihm werde ich wohl keine Ausstellung machen können“, erklärt sie lachend. „Konrad Klapheck wäre toll.“ Und sie träumt weiter: Vermeer, Breughel, Bosch – die Viersener würden staunen und sich freuen.

Gut zu wissen:
Der Eintritt zur Viersener Städtischen Galerie im Park, Rathauspark 1, ist frei, außer man möchte an einer Führung oder einer dort stattfindenden Veranstaltung, wie einer Lesung oder einem Konzert, teilnehmen. Zu jeder Ausstellung erscheint ein kleines Begleitheft mit kurzen Erläuterungen zur jeweiligen Ausstellung. Die Galerie ist dienstags bis samstags von 15 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr und an Sonntagen sowie an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Die nächste Ausstellung ist die Präsentation „Andersschön“ und zeigt die Arbeiten von Kindern und Jugendlichen. Sie wird am Sonntag, 16. Juni eröffnet. Für den Herbst sind Ausstellungen von Zohar Freimann und Paul Schwer geplant.