Wenn Sie diese Ausgabe von MEDIZIN+CO. in den Händen halten, wird die Impfung in Deutschland sehr wahrscheinlich bereits gestartet sein. Die Zulassung des ersten Impfstoffes (BioNTech/Pfizer) durch die EMA soll am Tag unserer Drucklegung erfolgen, so dass entweder vor oder direkt nach Weihnachten mit den ersten Impfungen begonnen wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie mit zu den ersten mit Impfangebot gehören, ist statistisch eher unwahrscheinlich, daher werden Sie noch vor der Entscheidung stehen, ob Sie sich impfen lassen wollen oder nicht.
Wir haben einige Fragen und Antworten für Sie zusammengetragen, die Sie bei dieser Entscheidung unterstützen sollen:
Der mRNA basierte Impfstoff von BioNTech/Pfizer dürfte der Erste sein, der verimpft wird (siehe Einleitung). Auch der ebenfalls mRNA basierte Impfstoff der Firma MODERNA steht kurz vor der Zulassung in Europa. In den USA ist dieser bereits seit ein paar Tagen zugelassen. Dritter Kandidat ist der Vektorimpfstoff von AstraZeneca/Oxford, der jedoch weltweit mit Stand heute noch keine Zulassung beantragt hat.
Welche der weiteren etwa 200 in der Entwicklung befindlichen Impfstoffe ebenfalls in absehbarer Zeit zugelassen werden, ist noch nicht absehbar.
Impfstoffe unterliegen starken Kontrollen durch unabhängige Wissenschaftler und die europäische Zulassungsbehörde. Weder für den russischen noch den chinesischen Impfstoff liegen jedoch ausreichende Daten vor, die eine Überprüfung ermöglichen.
Laut Aussage der Bundesregierung stehen bis Ende Januar zwischen 3 und 4 Millionen Impfdosen zur Verfügung. Somit können 1,5 bis 2 Millionen Menschen geimpft werden. Wie viele Impfdosen es insgesamt werden, steht aktuell nicht final fest, die Rede ist aber von etwa 300 Millionen, sofern alle Impfstoffe zugelassen werden. Die Menge ergibt sich aus den Verträgen zwischen der EU und den Herstellern und dem entsprechenden deutschen Anteil. Wie mittlerweile bekannt wurde, hat Deutschland national noch einmal Impfstoff nachgeordert, so dass insgesamt ausreichend Vakzine für etwa 70% der Bevölkerung verfügbar sein werden.
Da zu Beginn der Impfkampagne nicht ausreichend Impfstoff für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung steht, wurde eine Priorisierung in drei Gruppen vorgenommen:
Gruppe 1 (höchste Priorität):
Über 80-jährige, Pflegebedürftige sowie medizinisches Personal auf Intensivstationen, in Notaufnahmen, im Rettungsdienst sowie Pflegepersonal. Begonnen wird in Alten- und Pflegeheimen.
Gruppe 2 (hohe Priorität):
Personen ab 70 Jahre, Demenzkranke, Personen mit Trisomie 21 sowie Transplantationspatienten. Außerdem Bereitschaftspolizisten, enge Kontaktpersonen von Pflegebedürftigen und Schwangeren, Personen mit einem erhöhten Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus sowie Bewohner von Obdachlosen- oder Asylbewerberunterkünften.
Gruppe 3 (erhöhte Priorität):
Personen über 60 Jahre und solche mit einem erhöhten Risiko für einen schweren oder tödlichen Coronaverlauf auf Grund von Vorerkrankungen. Zudem Personen mit besonders relevanten Positionen in staatlichen Einrichtungen sowie in Einrichtungen und Unternehmen der kritischen Infrastruktur. Auch Mitarbeiter von Polizei, Justiz und Feuerwehr, aus dem Bildungssektor und dem Einzelhandel gehören zu dieser Gruppe.
Weitergehende Regelungen wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Ausgabe nicht getroffen.
Da aktuell noch keine gesicherten Daten hinsichtlich der Wirksamkeit und Sicherheit der Impfstoffe bei Kindern und Jugendlichen vorliegen, werden Impfungen vorerst nur Erwachsenen angeboten.
Die Impfung wird für jeden Bundesbürger kostenlos sein, unabhängig vom Versicherungsstatus.
Die Aussage der Bundesregierung ist hier eindeutig. Es wird keine staatlich verordnete Impfpflicht geben. In den Tagen vor Drucklegung dieser Ausgabe kamen in den Medien jedoch vermehrt Berichte über eine befürchtete Impfpflicht durch die Hintertüre auf. In einer Pressekonferenz am 18.12.2020 erklärte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums, dass es theoretisch möglich sei, dass ein Impfnachweis oder zumindest ein negativer Coronatest in Bereichen der Wirtschaft als Voraussetzung zur Nutzung von Angeboten gefordert wird. Auch wäre es theoretisch möglich, dass Arbeitgeber entsprechende Vertragsregelungen treffen. Die rechtliche Überprüfung laufe.
Es ist aktuell noch nicht klar, wie lange der Impfschutz anhalten wird, da hierzu noch keine Langzeitdaten vorliegen.
Sowohl BioNTech/Pfizer als auch MODERNA geben an, dass der Impfschutz etwa eine Woche nach Erhalt der notwendigen zweiten Dosis einsetzt. Alle drei aktuell relevanten Impfstoffe benötigen zwei Dosen, die im Abstand von etwa 4 Wochen verabreicht werden müssen, um ihre Wirksamkeit zu entfalten.
Bei den aktuell anstehenden Impfstoffen von BioNTech/Pfizer und MODERNA liegt die in den relevanten Studien ermittelte Erfolgsquote um die 95%, bei AstraZeneca zwischen 65% und 90% (Details siehe Tabelle auf Seite 10/11). Dies bedeutet, dass eine entsprechende Prozentzahl der Geimpften auch einen Schutz entwickelte.
Bei Impfstoffen gilt übrigens eine Erfolgsquote ab 70% als sehr guter Wert. Die Grippeimpfung liegt hier bei Werten zwischen 60% und 70%
Die einzige Möglichkeit herauszufinden, ob die Impfung zur Bildung von Antikörpern und damit zu einer potentiellen Immunität geführt hat, wäre ein entsprechender Test, der bestenfalls ein paar Wochen nach der zweiten Impfdosis durchgeführt werden kann. Aber wie auch bei anderen Impfungen ist so ein Test eher ungewöhnlich, wird nicht automatisch durchgeführt und wäre wohl privat zu zahlen.
So ganz klar ist das noch nicht, da hierzu valide Langzeitdaten fehlen, jedoch geht man anhand der Daten aus den klinischen Studien davon aus, dass sie vor einer Erkrankung an COVID-19 schützen. Ob sie die eigentliche Infektion mit SARS-CoV-2 und auch eine Übertragung verhindern, ist noch unklar. Somit besteht theoretisch also die Gefahr, dass auch geimpfte Personen das Virus in sich tragen und damit andere, nicht geimpfte Personen anstecken können.
Ein Virus lebt von Kontakten und Wirten, die es infizieren kann, um sich so weiter zu verbreiten. Reduziert man diese Möglichkeiten um etwa 60-70% läuft sich ein Virus mangels Vermehrungsmöglichkeiten tot. So in etwa kann man Herdenimmunität erklären. Wenn also 60-70% der Bevölkerung Antikörper gegen SARS-CoV-2 besitzen, tritt diese Situation ein. Ob diese Antikörper nun durch eine Impfung oder eine durchstandene Infektion entstehen, ist dabei nicht relevant.
Ehrlich gesagt, eine 100% Sicherheit gibt es bei keinem Impfstoff und bei keinem Medikament. Nebenwirkungen treten mit großer Sicherheit überall auf. Die Frage ist also eher, wie diese ausfallen.
Bei den aktuellen Impfstoffen sind bis zur Drucklegung dieser Ausgabe nur drei Fälle von schweren Nebenwirkungen bekannt geworden, bei mittlerweile weltweit mehreren hunderttausend Personen, denen die erste Dosis verabreicht wurden. Alle drei waren schwere allergische Reaktionen, zwei davon bei bekannten Allergikern. Alle drei sind wieder auf dem Weg der Besserung. Ansonsten wurden die üblichen Nebenwirkungen bekannt, zu denen Kopfschmerzen, Schmerzen an der Einstichstelle, Gliederschmerzen, leichte Erkältungssymptome und Schwindel gehören - so wie bei den meisten Impfungen und Medikamenten.
Oft werden ja auch die Schnelligkeit der Entwicklung und die neuen mRNA Technologien als Risiko angeführt. Diese sind jedoch nicht zutreffend, da hier eine Kombination aus technischem Fortschritt, langjähriger Forschung und Entwicklung sowie besserer internationaler Zusammenarbeit den Ausschlag gegeben hat. Auf Seite 9 dieser Ausgabe finden Sie hierzu mehr Informationen.
Nein, aber das ist bei keinem Impfstoff oder Medikament der Fall - zumindest nicht am Anfang. Alle Impfstoffe und Medikamente werden aber engmaschig und strikt überwacht und alle Aus- und Nebenwirkungen werden dokumentiert, um in die Weiterentwicklung und Optimierung einzufließen. Fachleute halten Langzeitfolgen jedoch für sehr unwahrscheinlich.
Jein. Eine schwierige Antwort, aber die Wissenschaft lernt ja nie aus. Nach derzeitigem Wissensstand ist es theoretisch nicht möglich, dass mRNA und DNA sich vermischen und etwa das Genom verändern. Dazu sind beide auf chemischer Ebene zu unterschiedlich. Jedoch könnte eine neue US-Studie eventuell auf eine andere Option hinweisen. Da diese den hier zur Verfügung stehenden Platz sprengen würde, beschränken wir uns an dieser Stelle auf den Verweis auf einen Artikel des Redaktionsnetzwerkes Deutschland sowie entsprechende wissenschaftliche Veröffentlichung der US-Forscher. Beide sind unter folgenden Links zu finden:
Artikel des Redaktionsnetzwerkes Deutschland:
https://bit.ly/3r9xrSt
Wissenschaftliche Studie:
https://bit.ly/38h5Iql
Die bisher vorliegenden Daten deuten nicht auf eine Gefährdung für Schwangere hin. Trotzdem ist davon auszugehen, dass in Deutschland - wie schon in Großbritannien - die Impfstoffe vorerst nicht für Schwangere (und Stillende) zugelassen werden.
Aktuell sind die logistischen Hürden dafür zu groß. Der Impfstoff von BIONTECH / Pfizer muss bei Tiefsttemperaturen von -70° C gelagert werden. Für Hausärzte ist dies im Normalfall nicht leistbar. Bei anderen Impfstoffen wie den von MODERNA oder AstraZeneca reichen hingegen normale Kühlschränke zur Lagerung. Die Regierung geht davon aus, dass Impfungen etwa ab Sommer 2021 auch über Hausärzte vorgenommen werden können, da dann mehr verschiedene Impfstoffe verfügbar sein werden und diese auch in größeren Mengen.
Weitere FAQ rund um das Thema Corona-Impfung:
https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/gesamt.html