Seit Beginn der Corona-Pandemie arbeitet die Wissenschaft mit Hochdruck und in bisher nie dagewesener Geschwindigkeit an Impfstoffen gegen den Erreger SARS-CoV-2 und die daraus resultierende Krankheit COVID-19. Eine Geschwindigkeit, auch mittels neuer Technologien, die bei vielen Menschen Sicherheitsbedenken, wenn nicht gar Angst aufkommen lässt. Aber was ist berechtigte Vorsicht und was unbegründete Angst und wie ist eigentlich der aktuelle Stand der Impfstoffentwicklung? Ein schwieriges Thema, das die Gemüter erhitzt und doch so wichtig, um das notwendige Vertrauen zu schaffen, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.
Impfungen sind schon seit es sie gibt Bestandteil sehr konträr geführter Diskussionen, mitunter sogar mit aggressiven Reaktionen von Impfgegnern. Klar ist, jede Impfung hat, ebenso wie jedes Medikament, Risiken und auch Nebenwirkungen, so dass es gilt, sich gut zu informieren und die individuellen Optionen gut abzuwägen. Bestimmte Personengruppen sind nicht ohne Grund von vorne herein von einer Impfung ausgeschlossen, da das gesundheitliche Risiko bei diesen zu hoch oder tatsächlich nicht kalkulierbar ist.
Trotzdem gelten zugelassene Impfstoffe heutzutage als sicher. Nicht zuletzt auf Grund diverser vorklinischer und dreier wissenschaftlichen Studien mit mehreren zehntausenden Probanden, sowie der intensiven Überprüfung durch die Zulassungsbehörden wie der EMA (Europäische Arzneimittelagentur) für die EU und dem PEI (Paul-Ehrlich-Institut für Deutschland). Kriterien, die natürlich Impfskeptiker und Impfgegner nicht überzeugen, da sie alleine schon dem System misstrauen. Auch dass kein aktuell zugelassener Impfstoff schwerwiegende Komplikationen zur Folge hatte, ändert an dieser Einstellung nichts. Oft wird in der aktuell aufgeheizten Diskussion - vor allem in den Sozialen Medien - Contergan als mahnendes Beispiel angeführt, dabei war Contergan gar kein Impfstoff, sondern ein Schlaf- und Beruhigungsmittel, das auch von Schwangeren eingenommen wurde, da sein Bestandteil Thalidomid eine positive Auswirkung auf Schwangerschaftsübelkeit aufwies. Zudem waren die Regeln der Arzneimittelzulassung bis in die 1960er Jahre noch nicht so strikt wie heute. So war der Contergan-Skandal mit ausschlaggebend für eine weltweite Reform der Arzneimittelzulassung, die danach sehr viel strikter wurde, was im Endeffekt somit auch zu einer höheren Sicherheit bei der Entwicklung und Zulassung von Impfstoffen sorgte. Ein weiteres Argument, das immer wieder in aktuellen impfbezogenen Diskussionen aufgeführt wird, ist die tatsächlich enorme Geschwindigkeit, mit der die neuen Corona-Impfstoffe entwickelt wurden. Auch hier gibt es gleich mehrere Erklärungen - die wiederum auch von Impfgegnern nicht anerkannt werden.
Corona ist die erste echte, pandemische Bedrohung seit der Spanischen Grippe, die auch als solche von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Zwar gab es seit 1900 diverse als Pandemie klassifizierte Erkrankungen aber diese hatten größtenteils nicht die einschneidenden Folgen, wie Corona sie hat. Am bekanntesten ist wohl - auch Dank der aktuell häufigen Medienzitate - die Spanische Grippe, die von 1918-1920 weltweit wütete und bis zu 50 Millionen Tote zur Folge hatte. Prägender für die Nachkriegsgenerationen ist aber wohl HIV/AIDS, auch wenn sich hier die Wahrnehmung als Pandemie im öffentlichen Bewusstsein in den letzten Jahrzehnten deutlich abgeschwächt hat. Die erste Pandemie des aktuellen Jahrtausends war ebenfalls ein SARS-Coronavirus, nämlich SARS-COV (1) von 2002-2003, gefolgt von H5N1, der Vogelgrippe (2004) und der Schweinegrippe H1N1. Allesamt epidemiologische Ereignisse, die kurz „aufkochten“, dann aber schnell aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwanden, da sie in Europa nicht die befürchteten Auswirkungen entwickelten.
Auch wenn Corona die erste Pandemie mit derartigen Auswirkungen ist, haben ihre „Vorgänger“ doch einiges mit der schnellen Entwicklung der Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 zu tun, denn sie sorgten dafür, dass schon früh und viel geforscht wurde. Viele der Grundlagen der aktuellen Impfstoffforschung basieren auf Erkenntnissen älterer Forschungen zu anderen, ähnlichen Erregern. Eine Wissensbasis, die bei der Erstentwicklung gänzlich neuer Impfstoffe gegen bisher unbekannte Erreger erst von Grund auf aufgebaut werden muss, ist somit bei SARS-CoV-2 bereits vorhanden und erspart den Forschern jahrelange Grundlagenforschung.
Ein weiterer, wichtiger Faktor ist die weltweite Zusammenarbeit und der Wissensaustausch unter den Forschern, auch Dank der neuen digitalen Möglichkeiten. Weltweit bündeln Forscher Ihre Ergebnisse, straffen und optimieren Prozesse und arbeiten sehr eng zusammen, natürlich auch mit den Zulassungsbehörden.
Ein sehr wichtiger Punkt ist auch die Finanzierung der Forschung, die im Rahmen dieser Pandemie weltweit ungeahnte Summen erreichte. Bedingt durch all diese Faktoren beschäftigen sich aktuell über 200 Forschungsprojekte mit Impfstoffen gegen den SARS-CoV-2 Erreger. Allesamt von externen unabhängigen Experten überwacht.
Die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen (z.B. BIONTECH/PFIZER oder MODERNA) sind ebenfalls Ergebnisse dieser neuen Zusammenarbeit und der optimierten Forschungsmöglichkeiten, aber sie sind auch bei weitem nicht so neu, wie es oft gesagt wird.
Bereits 1961 wurde die mRNA von Sidney Brenner (engl. Biologe, Nobelpreisträger f. Medizin 2002) entdeckt und wird seitdem erforscht. Ende der 1990er Jahre entdeckte der Deutsche Forscher Dr. Ingmar Hoss (Gründer CureVac), die therapeutischen Möglichkeiten der mRNA. Von einer neuen Technologie kann somit nicht die Rede sein. Im Gegenteil: die mRNA als therapeutisches Mittel wird seit nunmehr 20 Jahren erforscht.
Mehr Informationen zum Thema mRNA finden Sie z.B. unter folgenden Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/MRNA
https://bit.ly/3gUAfya (Pharmazeutische Zeitung)
https://bit.ly/2WsaThy (Trillium.de)
https://bit.ly/34iEJcH (pharmawiki.ch)
Zugegeben, für Nichtmediziner ist es mitunter anstrengend und herausfordernd, Informationen mit derartigen Mengen an Fachsprache zu verstehen, aber es lohnt sich, es zumindest zu versuchen.
Zusammengefasst und auf Basis einer nunmehr 20-jährigen mRNA Forschung besteht keine Gefahr, dass die mRNA Einfluss auf die DNA nimmt. Schon alleine die unterschiedliche chemische Struktur macht eine Integration von mRNA und DNA unmöglich. Auch darauf, dass mRNA in DNA umgeschrieben wird, konnte in der jahrzehntelangen Forschung bisher nie festgestellt werden.
Lebendimpfstoffe
(z.B. Masern, Mumps, Gelbfieber)
enthalten abgeschwächte Bakterien oder Viren, die sich meistens noch vermehren können und so in der Regel keine Erkrankung mehr, dafür aber eine Immunantwort auslösen. Sie sind wirksamer als Totimpfstoffe, können aber in seltenen Fällen doch die eigentlich zu bekämpfende Krankheit auslösen.
Totimpfstoffe
(z.B. Hepatitis A und B, Typhus, Grippe)
enthalten inaktivierte oder abgetötete Viren oder Bakterien bzw. deren Bestandteile, die sich nicht mehr vermehren können, aber trotzdem eine Immunantwort auslösen.
(Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Impfstoff)
Vektorimpfstoffe
(z.B. SARS-CoV-2: AstraZeneca/Oxford)
sind eine neue Impfstoffklasse, die zur Gruppe der genbasierten Impfstoffe gehört. Im Prinzip bringen Vektorimpfstoffe den Bauplan für ein Antigen in den Körper ein, statt wie bei klassischen Impfstoffen das Antigen selber. So wird ein wichtiger Teil der Impfstoffherstellung vom Labor in den Körper verlagert - die Gewinnung der Antigene.
(Quelle: www.netdoktor.de/impfungen/vektorimpfstoffe)
mRNA Impfstoff
(z.B. SARS-CoV-2: BioNTech/Pfizer und Moderna)
Ein RNA-Impfstoff ist ein Impfstoff, dessen Wirkmechanismus auf Ribonukleinsäure beruht. RNA-Impfstoffe gehören zu den genetischen Impfstoffen, da aus der RNA ein Protein hergestellt wird, das eine Immunreaktion auslöst.
(Quelle: de.wikipedia.org/wiki/RNA-Impfstoff)
Weblinks:
https://bit.ly/3nxT7p4
(Trillium Med. Fachverlag)
Übersicht der drei aktuell zugelassenen bzw. kurz vor der Zulassung stehenden Corona-Impfstoffe:
Bezeichnung: BNT162b2
Typ: mRNA
Entwicklungsstufe: Antrag auf Zulassung in der EU am 30.11.2020. Zulassung erwartet für den 21. Dezember 2020
Teilnehmer Stufe 3-Studie: ca. 44.000
Schutzwirkung:
Notwendige Dosen: 2
Nebenwirkungen:
Lagerung: Längere bei -70°C, 30 Tage haltbar in Trockeneisboxen, bis zu 5 Tage haltbar in normalen Kühlschränken
Bezeichnung: mRNA-1273
Typ: mRNA
Entwicklungsstufe: Antrag auf Zulassung in der EU. Zulassung erwartet für Ende Dezember 2020, Anfang Januar 2021
Teilnehmer Stufe 3-Studie: ca. 30.000
Schutzwirkung:
Notwendige Dosen: 2
Nebenwirkungen: Nur milde Nebenwirkungen wie Kopf- und Gliederschmerzen.
Lagerung: bei 2° - 8° für 30 Tage, bei -20° für bis zu 6 Monate
Bezeichnung: AZD1222 / ChAdOx1 nCoV-19
Typ: Vektor
Entwicklungsstufe: Klinische Studie Stufe 3
Teilnehmer Stufe 3-Studie: 23.745
Schutzwirkung:
Notwendige Dosen: 2
Nebenwirkungen: Im Rahmen der Stufe3-Studie kam es bei 23.745 Teilnehmer insgesamt zu 185 Fällen mit Nebenwirkungen. 10 Patienten mussten wegen Corona hospitalisiert werden, zwei mit schwerem Verlauf, einer verstarb. Bei 91 Angehörigen der Impfstoffgruppe kam es zu schwereren Nebenwirkungen, drei davon gelten als Direktbezug zur Impfung. Alle haben sich erholt.
Lagerung: bei 2°- 8° für bis zu 6 Monate
Sonstiges: Erste Dosis sollte 50% der Volldosierung betragen. Bei zweimaliger Volldosierung sinkt die Wirksamkeit auf 62%. Durchschnittswirksamkeit 70%. Impfung hält lt. aktuellem Stand 1 Jahr.
Quellen:
www.vfa.de
www.aerztezeitung.de
www.apotheken-umschau.de
www.pei.de (Paul Ehrlich Institut)
www.bundesregierung.de