schwarz weiß Aufnahme von Roland Wolff schwarz weiß Aufnahme von Roland Wolff
Foto: Steve Völker
Roland Wolff
01.08.2023
Musik

Roland Wolff

Moonshine-Pop aus Mönchengladbach

Redaktion: Marion Freier

Roland Wolff, Musiker aus Mönchengladbach, dürfte vielleicht manchem Pop-Spezialisten der 2000er noch etwas sagen. Mit seiner Schwester Julia war er als Duo „Riviera“ hauptsächlich in Japan und Korea bekannt, während bei uns in Deutschland nicht mal die in Asien sehr erfolgreichen Werbeclips großer internationaler Firmen mit seinen Songs zu sehen waren. Im April hat er sein Solo-Album „Kingdom Of Dale“ veröffentlicht. HINDENBURGER Musikredakteurin Marion Freier traf ihn zum Gespräch in der gerade erst wieder eröffneten Stadtbibliothek.

HINDENBURGER: Ehe wir auf Ihr neues Album zu sprechen kommen, erzählen Sie uns doch kurz, wie Sie in Asien zu einem Star wurden.

Roland Wolff: Stars? Ich weiß nicht, aber der Bekanntheitsgrad war so groß, dass uns mal eine Person den halben Tag lang durch Tokyo gefolgt ist, um uns dann ganz zum Schluss anzusprechen und uns Geschenke zu machen. Und Autogrammstunden durften wir erleben, wo Hunderte anstanden. Es gab Süßigkeiten und Stofftiere. Wir waren dort ein paar Jahre tatsächlich recht bekannt.

HINDENBURGER: Ihre Schwester hat dann 2005 geheiratet und ist nach Los Angeles gezogen. Wie ging es dann musikalisch bei Ihnen weiter?

Roland Wolff: Wir haben erst mal versucht, weiterzumachen. Haben uns neue Stücke übers Internet zugeschickt. Sie hat zunächst etwas gesungen und dann trug ich wieder etwas dazu bei, aber es hat eigentlich nicht wirklich funktioniert. Meine Schwester war eher damit beschäftigt, sich in ihrem neuen Leben zurechtzufinden. Zeitgleich ging es unserer Plattenfirma nicht mehr gut. 2006 war Schluss, was ich erst erfuhr, als ich ein neues Album abliefern wollte. Daraufhin kam eine Mail „wir sind kurz vor dem Konkurs, keiner kauft mehr CDs“. Aber 2 Jahre später haben wir dann in Japan nochmal eine neue Plattenfirma gefunden, was schwer genug war.

HINDENBURGER: Zwischenzeitlich haben Sie auch mit ihrer neuen Band „Riviera Brothers“ weiter Musik gemacht. Gibt es mit diesem Projekt noch regelmäßig Auftritte?

Roland Wolff: Nein. Ich mach‘ momentan nichts mit diesem Projekt, da ich wegen meiner Kinder dafür keine Zeit habe. Als meine Töchter geboren wurden, haben wir noch zwei Auftritte in 2018 gemacht, bei denen ich dann schnell merkte, dass das nicht mehr funktioniert.

HINDENBURGER: Zwischen Ihrem ersten Solo- Album aus 2014 und dem jetzt erschienenen „Kingdom Of Dale“ ist ja doch einige Zeit vergangen. War das so geplant oder auch Corona geschuldet?

Roland Wolff: Weder das eine, noch das andere. Es hat sich einfach so ergeben. Ich habe mit meiner Schwester ja sogar noch ein Riviera-Album in 2017 gemacht. Das war eigentlich das, was dazwischen passiert ist.

HINDENBURGER: Welche Geschichten erzählen Sie mit Ihren aktuellen Songs?

Roland Wolff: Wenn man kleine Kinder hat, lebt man permanent im „jetzt“, verbringt viel Zeit mit Hausarbeit und anderen alltäglichen Dingen. Ich hatte Angst davor, keine Musik mehr machen zu können, bin oft abgetaucht in Erinnerungen. Außerdem bin ich auch in einem Alter, wo ich zurück schaue und denke: „Wow! Das ist alles schon passiert? Erinnerst Du Dich noch daran?“ Und dann habe ich angefangen, diese Stimmungen aufzuschreiben. Meinen Kindern habe ich zwei Schlaflieder aufgenommen, die sind auch auf der Platte.

HINDENBURGER: Sind auch frühere Wegbegleiter am aktuellen Album beteiligt gewesen?

Roland Wolff: Ein alter Schulfreund, Jörg Schneider. Mit ihm hatte ich über 20 Jahre lang keinen Kontakt, dann habe ich ihn vor ein paar Jahren auf einer Party wiedergetroffen. Er macht auch noch erfolgreich Musik, aber im Bereich Free-Jazz/ Noise. Jörg hat Schlagzeug zu einem Song beigetragen, worauf ich sehr stolz bin. Sebastian Bauer von den Riviera Brothers ist auch dabei.

HINDENBURGER: Kann man die Songs aus „Kingdom Of Dale“ auch live erleben?

Roland Wolff: Ich hab‘ jetzt zur CD-Veröffentlichung einen Gig in Berlin gespielt, plane aber aktiv nichts. Es gibt aber auch noch meine Agentur, vielleicht plant die ja etwas. Ich bin zu Allem bereit, aber es muss sich natürlich mit meinen Kindern, mit dem Beruf meiner Frau und mit meinem eigenen Beruf vereinbaren lassen. Aber warum nicht?

HINDENBURGER: Was machen Sie außer Ihrer Musik momentan beruflich?

Roland Wolff: Gerade erst habe ich einen VHS-Kurs über Musikproduktion gegeben. Hier gebe ich mein Studio-Know-How in Kursen weiter. Außerdem mache ich Band-Coaching an zwei Musikschulen und ich gebe Musikunterricht in Gitarre, Bass und Gesang.

HINDENBURGER: Die 2000er Musik von „Riviera“ wurde als Sunshine-Pop bezeichnet. In der Pressemitteilung zum aktuellen Album „Kingdom Of Dale“ wird als Genre Moonshine-Pop angegeben. Ist das als Verbindung oder eher als gewollter Unterschied gedacht?

Roland Wolff: (Lacht) Das hab‘ ich mir nicht ausgedacht, sondern der Chris Biadacz, mein Mann für alles, was Presse betrifft. Ich muss ihm dafür tatsächlich mal auf die Schulter klopfen. Das ist echt gelungen - Moonshine-Pop! Anfangs habe ich mich sehr dagegen gewehrt, weil ich nicht finde, dass das aktuelle Album überhaupt Pop ist. Aber dann finde ich diese Wortkreation auf der anderen Seite so schön, sodass ich mich dann doch dafür entschieden habe, das Etikett anzunehmen. Die Musik ist ja schon auch immer noch ein bisschen leicht, selten krachig und sperrig. Und das Moonshine-Element ist der Blues auf dem Album.

HINDENBURGER: Das neue Album ist aber nicht ihr einziges musikalisches Projekt. Sie haben auch die Musik zum Hörbuch „Die Optimistin“ nach dem gleichnamigen Roman von Timo Blunck beigesteuert. Wie kam es dazu?

Roland Wolff: Das ist jetzt eine schöne Corona- Geschichte! (Lacht) Wie so viele saßen wir alle zuhause und wussten nicht mehr, was wir machen sollten. Dann hat ein guter Freund von mir, Frank Schmiechen aus Hamburg, ein ehemaliger Journalist, der u.a. für „Die Welt“ und „Bild“ gearbeitet hat, und der auch auf der Platte mitspielt, einen seiner alten Kontakte einfach angesprochen, ob der etwas wüsste, was man jetzt noch machen könnte. Das war Timo Blunck, der mit „Palais Schaumburg“ und den „Grace Kairos“ auch schon mal Popstar in Deutschland war. Timo hat uns dann etwas von seinem damals noch geheimen Projekt verraten, das er etwas plant mit der DDR-Sängerin „Charlie Keller“, die es aber in Wirklichkeit gar nicht gibt, und dass das mit einem Roman zusammenhängt. So wurden Frank und ich dann in dieses Projekt involviert. Und dann ging es sehr schnell, was auch damit zu tun hat, dass Timo Blunck einer der fleißigsten Musiker Deutschlands ist. Da war schon ganz viel an Texten und Musik fertig. Mein Studio, das so eingerichtet ist wie in den 70ern war dann mein Trumpf. Denn Timo brauchte genau die ganzen alten Instrumente und die alte Technik, da es ja nach alter DDR klingen sollte. Und da war ich natürlich sofort mit an Bord. Dann haben wir erst die Charlie Keller Platte gemacht und als Timo das Buch fertig hatte, sagte er „Roland, wir machen jetzt auch noch ein Hörbuch und Du musst unbedingt die Filmmusik dazu beitragen“. Da waren auch ganz bekannte Sprecher dabei, z.B. Barbara Krabbe. Nachdem Timo mir das ganze zugeschickt hat, ist es tatsächlich etwas ausgeufert. Ich wusste auch vorher nicht, wie viel Arbeit das ist. Das komplette Hörbuch ist 18 Stunden lang und auf der Hälfte musste Musik unterlegt werden. Die Musik sollte ja auch nicht aufdringlich sein, sondern nur im Hintergrund laufen, den Dialog nicht stören. Da hab‘ ich eine Menge gelernt und es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Ich hab‘ immer nur Musik unterlegt, wenn die Hauptdarstellerin aus ihrem Leben erzählt. Die ganze Zeit hab‘ ich also immer nur Frau Krabbes Stimme gehört, erst zum Schluss gab‘s ein paar Szenen, in der ich dann auch die anderen Sprecher mal hören konnte. Frau Krabbe war dann für mich in meinem Studio sehr präsent, obwohl ich damals nicht mal wusste wie sie aussieht. Sie saß irgendwie immer neben mir und hat mir etwas erzählt. Das war toll. Später hab‘ ich sie dann auch getroffen, auf der Premiere in Hamburg.

HINDENBURGER: Haben Sie sonst noch irgendetwas musikalisches oder anderweitig künstlerisches geplant?

Roland Wolff: Für mich liegt im Moment der Fokus auf der Korea-Veröffentlichung von „Kingdom of Dale“.

HINDENBURGER: Richtig! Das koreanische Label Chilimusic, bei dem bereits vor 20 Jahren die Riviera-Songs erschienen sind, wird dort auch Ihr aktuelles Album veröffentlichen.

Roland Wolff: So ist es. Ich habe seit Jahren den Kontakt zu dieser sehr guten Plattenfirma, die damals schon dabei war, als es in Japan in den 2000er Jahren losging. Diese Plattenfirma ist stetig gewachsen. Momentan arbeiten wir an der koreanischen Veröffentlichung und dass ich denen liefere, was sie haben möchten. Ansonsten nehme ich im Studio Musik auf. Es muss ja weitergehen.

HINDENBURGER: Bedeutet das auch, dass es vielleicht wieder auf Asien-Tour geht?

Roland Wolff: Die Welt hat sich ja in den letzten 20 Jahren total verändert. Damals haben wir ja noch richtig CDs verkauft und konnten daraus auch so eine Tour finanzieren. Ich fänd' es toll. In Korea war ich noch nicht. Aber das liegt nicht in meinen Händen. Ich bin gerne dazu bereit. Meine Frau wird sich schon freuen, wenn sie das liest. (Lacht) Da braucht man schon einen Dauer- Babysitter. Normalerweise dauern solche Reisen 7-14 Tage. Es muss sich auch lohnen mit den ganzen Presseterminen und so. Und das ist auch wirkliche Arbeit. Da fährt man nicht hin und gibt nur Autogramme, sondern da hat man schon bis zu 5 Interviews pro Tag.

HINDENBURGER: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg bei allem, was noch kommen wird.

Die Musik von Roland Wolff sowie das Hörbuch „Die Optimistin“ gibt es im WorldWideWeb auf Spotify, Amazon Music, Apple Music, Deezer u.a.

Roland Wolff auf Soundcloud: https://soundcloud.com/roland-wolff