Jessica Sindermann
Scheinbar unbrauchbare Dinge in etwas Neues, Ansprechendes zu verwandeln liegt aktuell sehr im Trend. Das sogenannte „Upcycling“ ergänzt das Recycling und erobert rapide die Herzen aller „Do-it-yourself“- Liebhaber. Es ist nachhaltig, ein netter Zeitvertreib, inspiriert ständig zu neuen Ideen und führt zu echten Hinguckern! Aus eigentlichen Abfallprodukten entstehen so stylische Möbel, ausgefallene Dekorationsartikel und geschmackvolle Dinge für den täglichen Gebrauch. Das Resultat ist demnach eine Aufwertung des ehemals kaputten oder unbrauchbaren Gegenstandes.
Dinge können upgecycelt, verschönert und wiederverwendet werden. Warum funktioniert das nicht auch mit Orten? Mit den kleinen, unansehnlichen Fleckchen unserer Stadt zum Beispiel? Das dachten sich auch die 32-jährige Laura Küppers und ihr 26-Jähriger Bruder Samuel. Während viele von uns die Zeit während des ersten Lockdowns in das Backen von Bananenbrot, Home-Workouts oder neue Hobbys investiert haben, widmeten sich die Künstlerin und der Landschaftsgärtner unterdessen den unschönen Ecken von Mönchengladbach. Sie befreiten heruntergekommene Verkehrsinseln von Müll, jäteten Unkraut, pflanzten neue Blumen und verliehen ihnen mit bunter Dekoration einen neuen Glanz. Beschmierte Stromkästen und Bänke bemalten sie in stimmigen Farbnuancen und schafften dadurch Orte, die heute zum Verweilen einladen und Menschen zusammenbringen. Was mit einer Idee auf einem Spaziergang begann, ist inzwischen zu einem echten Herzensprojekt herangewachsen und erfreut sich jeder Menge positiver Resonanz. „Hässlichen Ecken neues Leben einhauchen“ ist das Motto des Ganzen. Und so wurden bisher schon die Eickener Dominsel, die Nussecke und das Kaiserplätzchen im Gründerviertel umgestaltet. Wie die Idee entstanden ist, welche Intention hinter dem Projekt steckt und welche Zukunftspläne das Geschwister-Duo noch hat, erzählt Laura Küppers im Interview!
HINDENBURGER: Was hat es mit dem Upcycling Projekt auf sich? Was genau macht ihr?
Laura Küppers: Also wir haben als erstes die Eickener Dominsel umgestaltet an der Ecke Goethestraße/ Körnerstraße und wollten ihr einfach ein neues Leben einhauchen. Wir möchten hässliche Ecken wieder schön machen. Und davon gibt's in Gladbach einige! Bei unserem ersten Projekt hatte ich mir eigentlich vorgenommen, langsam zu beginnen und nach und nach meine Ideen umzusetzen, aber dann sieht man plötzlich immer mehr und denkt sich „Da könnte ich noch was tun… und hier auch!“ und das hat sich dann immer mehr ausgeweitet.
HINDENBURGER: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, diese Ecken in Mönchengladbach umzugestalten?
Laura Küppers: Ich habe eine ganze Zeit lang jeden Morgen einen Spaziergang durch das Gründerzeitviertel unternommen und immer wieder ein Foto des gleichen Ortes gemacht. Ich wollte für mich einfach sehen, inwiefern sich die Welt verändert, auch wenn wir jeden Tag durch dieselbe Straße gehen. Ziemlich schnell habe ich dann festgestellt, dass sich trotz der altbekannten Strecke stetig etwas tut und ich außerdem viele liebe Menschen auf meiner Morgenrunde kennenlerne. Wir begannen, uns gegenseitig zu grüßen, anzulächeln und auszutauschen. Und plötzlich habe ich die Welt und auch meine eigene Umgebung wieder ganz anders wahrgenommen. Viel intensiver. Immer öfter fielen mir auf meinen morgendlichen Runden dann auch die unschönen Ecken auf. Vermüllte und heruntergekommene Verkehrsinseln, beschmierte Stromkästen und von Unkraut überwucherte Flächen. Das war Anfang des ersten Lockdowns und von da an nahm die Idee dann Gestalt an. Ich wollte unbedingt etwas tun, um diese Orte ansehnlicher zu gestalten und wendete mich mit der Frage, ob so was möglich ist, schlussendlich an die Mags. Nach sechs langen Monaten, nach denen ich bereits der festen Überzeugung war, ich müsse mich von meiner Projektidee schweren Herzens verabschieden, lag sie dann im Briefkasten: Die Patenschaftsurkunde für die Eickener Dominsel. Und das war der Startschuss!
HINDENBURGER: Was war erforderlich, um das Upcycling dieser Orte durchführen zu können? Und woher wusstet ihr, an wen ihr euch wenden müsst?
Laura Küppers: Das war tatsächlich gar nicht so einfach… Ich hatte irgendwann mal darüber gelesen, dass es Patenschaftsprojekte bei der Mags gibt, die man als Bürger beantragen kann. Und dann fing ich eben an zu googeln. Ich durchforstete Internetseiten und stieß irgendwann auf eine E-Mailadresse, an die ich schrieb. Das war so der erste Schritt. Aber das Projekt hat sich inzwischen ja ausgeweitet, denn wir haben mittlerweile auch bemalte Sitzbänke und Stromkästen. Da mussten wir uns dann wiederum an die Stadt Mönchengladbach wenden und bis wir da den richtigen Ansprechpartner hatten, dauerte es seine Zeit.
HINDENBURGER: Wie sind bisher die Reaktionen der Anwohner auf die Projekte?
Laura Küppers: Wirklich sehr positiv! Die Nachbarschaft integriert sich super. Sie beteiligen sich an den Projekten, befreien sie von Müll, pflanzen neue Blumen und kümmern sich auch um die bestehenden, indem sie Wasser spenden und selbst gießen. Das finden wir wirklich toll! Es ist einfach ein ganz anderes Nachbarschaftsleben das hier seitdem herrscht. Die Projekte verbinden Menschen, denn sie kommen ins Gespräch und haben ein Hauptauge darauf, dass alles ordentlich und gut erhalten bleibt!
HINDENBURGER: Was ist eure Intention dahinter?
Laura Küppers: Für mich ist es ganz wichtig zu zeigen, dass wir alle etwas bewegen können! Wir alle können etwas verändern in unserer Welt und sie ein Stück weit besser machen. Und selbst wenn wir manchmal denken, dass vieles unschön ist, kann es trotzdem wieder zu etwas Schönem umgewandelt werden!
HINDENBURGER: Welche Projektideen sind in Zukunft noch geplant?
Laura Küppers: Es gibt natürlich noch andere Projekte, die ich gerne umsetzen möchte. Beispielsweise strebe ich in der Eickener Fußgängerzone für nächstes Jahr etwas an. Da bin ich allerdings sehr auf die Stadt Mönchengladbach angewiesen und hoffe da auf Unterstützung. Und ich brauche für diese Idee definitiv viel Wasser! Da reichen einzelne Wasserspenden leider nicht aus… Ich habe mir vorgestellt, dass dort bepflanzbare Hochbeete angeboten werden, in denen die Bürger*innen der Stadt Gemüse anbauen, zusammen ernten und einfach etwas gemeinsam auf die Beine stellen können. Ich denke, das würde der Eickener Fußgängerzone auf jeden Fall guttun und sie wieder zum Leben erwecken! Und auch einfach das Gemeinschaftsgefühl stärken.
HINDENBURGER: Ein tolles und innovatives Projekt, ins Leben gerufen von jungen Mönchengladbachern, die gerne etwas bewegen möchten in unserer Stadt! Zu so viel ehrenamtlichem Engagement, Ideenreichtum und Kreativität fällt uns nur eins ein: Weiter so!
Wollen auch Sie das Projekt unterstützen und dabei helfen, trostlosen Ecken in unserer Stadt wieder frisches Leben einzuhauchen?
Unter www.liebstesviertel.de können Sie Kontakt zu den beiden aufnehmen. Weitere Informationen und Eindrücke auf Instagram unter: eickener_dominsel, die_nussecke, kaiserplaetzchen