Marc Thiele
Mönchengladbach rüstet sich für den Strukturwandel. Zwei Projekte gingen nun offiziell an den Start.
Seitdem feststeht, dass die Tage des Braunkohleabbaus in unserer Region - dem sogenannten Rheinischen Revier - gezählt sind, ist das Thema Strukturwandel an oberster Position der ToDo-Listen von Politik und Wirtschaftsförderung in Mönchengladbach. Mal wieder könnte man sagen, denn der letzte Strukturwandel, begründet durch den Zusammenbruch der hiesigen Textilindustrie, vollzog sich in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts und dürfte damit noch vielen Mönchengladbacherinnen und Mönchengladbachern, die heute um die 60 Jahre alt sind, im Gedächtnis sein. Manche der Herausforderungen, vor denen unsere Stadt und ihre Gesellschaft auch heutzutage stehen, wie eine durchaus höhere Arbeitslosigkeit, ein im Durchschnitt niedrigeres Einkommensniveau und eine dadurch niedrigere Kaufkraft als in anderen westdeutschen Städten, haben in diesem weit zurückliegenden Umbruch eine Ihrer Ursachen.
Heute bricht durch den neuerlichen Strukturwandel zwar keine ganze lokale Wirtschaft zusammen, wie es in den 1960er und 1970er Jahren der Fall war, aber trotzdem geht es um Arbeitsplätze. Auch die Folgekosten und infrastrukturellen Auswirkungen des Tagebauendes stellen für Mönchengladbach und alle anderen Tagebauanrainer eine große Belastung dar.
Um diese Folgen abzufedern, stellen EU, Bund und Land nicht unerhebliche Fördermittel zur Verfügung, durch die die betroffenen Städte und Gemeinden die Chance haben, sich zukunftsfähig aufzustellen und gestärkt aus dem Prozess des anstehenden Strukturwandels hervorzugehen. Allein von Seiten des Bundes stehen hierfür 14,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Land und EU steuern weitere Fördermittel in Milliardenhöhe bei.
Beim Thema Fördermittel haben sich die Akteure der Stadt Mönchengladbach und ihrer Gesellschaften, wie der WFMG, in den letzten Jahrzehnten als durchaus erfolgreich bei deren Akquise profiliert und so verwundert es nicht, dass auch im Rahmen des Strukturwandels des Rheinischen Reviers wichtige Projekte auf diesem Wege finanziert werden.
Zwei dieser Strukturwandel-Projekte - die „Gründungsfabrik Mönchengladbach (GFMG)“ und „skillzUp“, unter dem Dach der Wirtschaftsförderung Mönchengladbach (WFMG) in Kooperation mit der IHK Mittlerer Niederrhein, gingen Anfang April nun offiziell an den Start und präsentierten sich der Öffentlichkeit.
Schon seit längerem unternehmen die Stadt, ihre Wirtschaftsförderung (WFMG), und auch Initiativen wie nextMG Anstrengungen, die Start-Up-Szene in und für Mönchengladbach zu aktivieren sowie Neugründungen anzuschieben und zu unterstützen. Auch Projekte rund um die Thematik Bildung, vor allem im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) stehen im Fokus der städtischen Zukunftsstrategie.
Die „Gründungsfabrik Mönchengladbach (GFMG)“ richtet sich mit Ihrem Angebot an Gründerinnen und Gründer jeden Alters und in jeder Gründungsphase aus unserer Region, mit dem Ziel, diesen alles an die Hand zu geben, was sie für den Gründungserfolg benötigen.
In den Räumlichkeiten des Cityhauses an der Mühlenstraße 2 - 4 in Rheydt bieten das fünfköpfige Team, bestehend aus Kim Katharina Reiners (Projektleiterin GFMG), Tim Vennen (Community Manager GFMG/skillzUp), Katja Schweitzer (Projektassistentin GFMG/skillzUp) sowie Moritz Demand (Finanzen GFMG/skillzUp) und Anastasia Rylnikov ( Projektleiterin skillzUp) dafür u.a. Beratungen, Coachings, Workshops zu allen gründungsrelevanten Themen wie Businessplan, Finanzen, Marketing, Personal u.v.m., aber auch den Zugriff auf ein wachsendes Netzwerk und das Know-How externer Fachleute, wie z.B. der KMU-Zukunftsschmiede, die zusammen mit dem Lehrstuhl für BWL der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf realisiert wird.
Das Bildungsprojekt „skillzUp“ wendet sich exklusiv an Schüler, Azubis, Studierende und Berufseinsteiger, mit dem Ziel, diese spannenden Themen aus dem MINT-Bereich zu vermitteln und sie für die beruflichen Herausforderungen der Zukunft bestmöglich vorzubereiten. Zukunftsorientiert, praxisbezogen und relevant, wie es auf der Webseite des Projektes heißt, stehen hier sechs Themenfelder im Fokus:
Beim Thema Coding dreht sich alles um das Thema Programmierung und Entwicklung, wozu App-, Web-, und Game-Entwicklung ebenso zählen wie Programmiersprachen.
Das Thema KI - oder auch künstliche Intelligenz, deckt nicht nur das mittlerweile allseits bekannte KI-Tool Chat GPT ab, sondern auch Themen wie maschinelles Lernen, Bildgenerierung und Videoproduktion mittels KI sowie Chatbots.
Um Gestaltungsgrundlagen, UX (User Experience) und UI (User Interface) Design sowie Design Thinking dreht es sich beim Themenfeld Design.
Kompetenzen in den Bereichen Content Creation und Social Media werden unter dem Schlagwort Medien vermittelt.
Unter dem Oberbegriff Data, dreht sich alles um SQL-Datenbanken, Datenbankmanagement und Datenanalyse.
Die größte Bandbreite an Themen finden Interessierte unter dem Sammelthema Digi Basics. Hier werden z.B. Kenntnisse für Office Programme und das beliebte Grafiktool Canva vermittelt, aber auch digitale Präsentationstechniken sowie Einblicke in die Bewerbung mit KI.
Da es sich bei beiden Projekten um Maßnahmen im Rahmen des Strukturwandels im Rheinischen Revier handelt, steht quasi unsichtbar über allem die markante Überschrift „Nachhaltigkeit“, denn alles, was im Zusammenhang mit dem Strukturwandel, weg von der Braunkohle hin zu zukunftsfähigen Lösungen steht, soll laut städtischer Strategie nachhaltig sein. Seien es verwendete Rohstoffe, benötigte Energieträger und natürlich auch neue Arbeitsplätze sowie gegründete Unternehmungen. So ist es nur logisch, dass beide Projekte in Teilen inhaltlich aufeinander abgestimmt sind und laut Dr. Ulrich Schückhaus, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der WFMG, zu einer Ausrichtung des Wirtschaftsstandortes auf Zukunfts- und Wachstumsbranchen beitragen. Im Idealfall treffen bereits hier die Unternehmer der Zukunft auf Ihre zukünftigen Fachkräfte, um die regionale Wirtschaft der Zukunft maßgeblich und eben nachhaltig mitzugestalten.
Dazu gehören für die Initiatoren und das Projektteam selbstverständlich auch Mütter, egal ob sie gründen wollen, dies bereits getan haben oder im Fall junger Mütter an Schulungen bei „skillzUp“ teilnehmen möchten. Ein speziell eingerichtetes „Spielzimmer“ bietet die Möglichkeit, die Kleinen während der Teilnahme an Seminaren und Coachings zu beschäftigen. Die Kinderbetreuung wird dabei intern geregelt und bei Bedarf kann auch eine Tagesmutter engagiert werden.
Beiden Projekten ist außerdem gemein, dass trotz ihres breit aufgestellten Angebotes alle Kurse und Leistungen für die Teilnehmenden kostenfrei sind. Möglich wird dies durch die erfolgreiche Akquise von Bundes- und Landesfördermitteln, in Höhe von knapp 3 Millionen Euro, welche die Projekte mindestens bis Mitte 2027 auf finanziell sichere Füße stellen. Unter anderem werden die Gehälter des Projektteams, aber auch die Ausstattung und andere administrative Kosten dadurch abgedeckt.
Dass man sich der finanziellen Verantwortung für die zur Verfügung gestellten, öffentlichen Mittel bewusst ist, wurde auf dem Rundgang zur Eröffnung der Räumlichkeiten im 2. OG des Cityhauses in Rheydt deutlich. Zwar sind die Büros und Schulungsräume frisch saniert, aber schon bei der Einrichtung spielte das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle. Projektassistentin Katja Schweitzer, die für die Innenausstattung und Möblierung verantwortlich zeichnet, setze verstärkt auf Upcycling und schaffte es u.a. Mobiliar aus der ehemaligen Karstadtfilliale in Rheydt zu beschaffen und zusammen mit dem „Altstadt-Schreiner“ Muhlis Sarac von „Raumstark“, - übrigens auch ein Mönchengladbacher Start-Up - kreativ aufzubereiten. So wurden z.B. Tische, auf denen zuvor Jeans oder Pullover präsentiert wurden, mit wenigen Handgriffen und ein wenig Farbe zu modernen und gemütlichen Sitzbänken. Das so eingesparte Geld investiert das Team lieber in eine bessere Ausstattung der Räumlichkeiten und die Angebote.
Langfristig sollen beide Projekte mit dem ebenfalls in den Startlöchern stehenden Wissens- und Innovationscampus (wicmg) Hand in Hand gehen, der derzeit im ehemaligen Polizeipräsidium an der Theodor-Heuss-Straße aufgebaut und vom Land NRW in einer ersten Tranche mit knapp 8 Millionen Euro gefördert wird.
Gründungsfabrik Mönchengladbach / skillzUp
Mühlenstraße 2 - 4
41236 Mönchengladbach
Tel.: 0 21 61 - 823 79 95 (Mo. - Fr. 9 - 17 Uhr)
gruendungsfabrik@wfmg.de
www.gruendungsfabrik.mg
Weitere Informationen und Hintergründe zum Thema Strukturwandel und den hier vorgestellten Projekten finden Sie u.a. unter folgenden Links im Internet:
Thema Strukturwandel in Mönchengladbach
www.moenchengladbach.de
Suchbegriff: Strukturwandel
Gründungsfabrik Mönchengladbach (GFMG)
www.gruendungsfabrik.mg
SkillzUp
www.skillzup-mg.de