Hans Schürings (Geschichtswerkstatt Mönchengladbach)
In Rheydt an der Mühlenstraße befindet sich das wohl bedeutendste Bauwerk im modernen sachlichen (Bauhaus-)Stil, das Mönchengladbach zu bieten hat, das Schülerinnenwohnheim der Maria-Lenssen-Schule aus dem Jahr 1933, heute Teil des Berufskollegs. In einer völlig anderen Architekturkomposition stellt sich das alte Polizeipräsidium an der Theodor-Heuss-Straße dar, nämlich dem sogenannten Heimatschutzstil. Die ursprünglich als Polizeikaserne konzipierte Anlage wurde in den Jahren 1938-40 errichtet, also in „dunkler“ Zeit.
Beide Gebäude haben, trotz ihrer ikonographischen Verschiedenheit, eine überraschende Gemeinsamkeit. Sie wurden vom selben Architekten entworfen, dem Regierungsbaurat Bruno Kleinpoppen. Wie konnte es dazu kommen? Der Architekt Kleinpoppen war von 1928 bis 1931 im preußischen Staatshochbauamt in Rheydt angestellt und entwarf dort das Schülerinnenwohnheim in der damals angesagten „Weißen Moderne“ mit Flachdächern und stark lichtdurchfluteten Räumen.
Im Jahr 1930 fand ein großer architektonischer Entwurfswettbewerb zum Bau einer gigantischen Polizeikaserne in Essen-Bredeney statt. Es war Bruno Kleinpoppen, der diesen Wettbewerb vom damaligen Gladbach-Rheydt aus unter 80 eingereichten Architekturvorschlägen für sich entscheiden konnte. Komplett wurde das Gebäude ebenfalls im neuen sachlichen Stil (Weiße Architektur) von 1931-34 errichtet. Es wurde als „heimlicher Bauhaus-Riese“ bezeichnet. Für die Umsetzung wechselte er 1931 selbst nach Essen.
Doch kehrt er im Jahr 1937 nach M.Gladbach zurück, um die von den Nationalsozialisten forcierte Polizeikaserne an der heutigen Theodor-Heuss-Straße (damals Brandenberger Straße bzw. Webschulstraße) zu realisieren. Entgegen den Gebäuden des Schülerinnenwohnheim in Rheydt und der Polizeikaserne in Essen, entstand die neue Polizeianlage in Mönchengladbach nicht im Modernen weißen sachlichen Stil, sondern im Heimatschutzstil.
Der Heimatschutzstil bot sich den nationalsozialistischen Machthabern im Bereich kleinerer und mittlerer Bauwerke als ein mit deren (propagierter Blut-und-Boden-) Ideologie kompatibler Baustil an. Für große Bauwerke wurde ein überzogener bzw. übersteigerter neoklassizistischer Stil bevorzugt. Diese Architekturauffassung war um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert als Reflex auf die fortschreitende Industrialisierung und den damit verbundenen kontextlosen Historismus in der Architektur im Zusammenhang mit der umtriebigen Heimatschutzbewegung entstanden. Bezug wollte man nehmen an den traditionellen Bauten, die ein Stück alter Heimat repräsentieren sollten.
Bekannt war bisher, dass Kleinpoppen noch während seines Aufenthalts in Rheydt im Jahr 1931 schon mit Entwürfen für Polizeibauten in Gladbach-Rheydt beschäftigt gewesen war. Lange galten diese Entwürfe als verschollen. Nun wurden Teile davon im Landesarchiv NRW Rheinland entdeckt. Diese als Vorentwürfe bezeichneten Zeichnungen stellen ebenfalls eine Architekturkonzeption dar, die seiner vorherigen Architekturauffassung entsprach, dem neuen Moderne Stil, aber offensichtlich handelte es sich auch um ein völlig anderes Plangebiet, in dem diese Entwürfe angesiedelt waren. Aufgrund unterschiedlicher Umstände wie z.B. die Auflösung der Stadt Gladbach-Rheydt 1933 und nicht erfolgter Mittelzuweisung kam es kurzfristig nicht zur deren Umsetzung. Bekannt ist auch, dass nach der Machtergreifung der Nationalsozilisten diese mit dem Modernen Bauen und dem Bauhaus auf Kriegsfuß standen. Nicht nur das Flachdach wurde als südländisch, undeutsch und jüdisch-bolschewistisch verunglimpft.
So entstand aus Sicht der damaligen Machthaber und sicherlich auch aus praktischen Gründen eine Kaserne für eine Polizeikompanie an der damaligen Brandenberger Straße, die derzeit eine neue Nutzung erfährt.
So entstand aus Sicht der damaligen Machthaber und sicherlich auch aus praktischen Gründen eine Kaserne für eine Polizeikompanie an der damaligen Brandenberger Straße, die derzeit eine neue Nutzung erfährt.
Geschichtswerkstatt Mönchengladbach, vertreten durch Karl Borland und Hans Schürigs, https://gladbacher-haus-der-erinnerung.de/geschichtswerkstatt