Jessica Sindermann
Noch vor einigen Jahren hatten Roboter ihren Platz hauptsächlich in unerreichbaren Science-Fiction-Szenarien – heute ist das anders. Unsere Lebenswelt ist komplexer geworden und der praktische Einsatz von künstlicher Intelligenz wird immer häufiger zur konkreten Realität. Roboter sind inzwischen ein fester Bestandteil der Gesellschaft und revolutionieren unsere Welt mit ihrem Potenzial, als Assistenten in den unterschiedlichsten Bereichen zu funktionieren.
Hand aufs Herz, wer von Ihnen ist stolzer Besitzer einer Alexa und genießt bereits die Dienste, die der sprachgesteuerte Smart-Home-Assistent bietet? „Alexa, Spiel ‚Yellow Submarine‘ von den Beatles“ oder „Alexa, schalte das Licht im Erdgeschoss aus“ sind nur zwei solcher Situationen, in denen uns künstliche Intelligenz von Technologiegiganten wie Apple, Samsung, Google, Microsoft oder eben Amazon das Leben ein wenig leichter machen. Rund 12 Prozent deutscher Haushalte verfügen inzwischen über solche Smart-Home-Assistenten, die kontinuierlich die Wohnzimmer und Büros des 21. Jahrhunderts erobern. Als persönliche Assistenten im Alltag sind sie ein nettes Gadget und ersparen uns den ein oder anderen Gang zur Musikanlage oder dem Lichtschalter, aber ihre Anwendungsfelder sind vielfältig. Das hat auch die 41-jährige Zerrin Börcek erkannt und die Idee für „Teresa.AI“ entwickelt – eine Sprachassistentin, die es Senioren ermöglicht, länger selbstständig zu leben. „Mein Vater hat auf meine persönliche Entwicklung als Unternehmerin großen Einfluss gehabt“, erzählt sie. „Er selbst liebte seinen Job als Ingenieur und der Abschied vom Berufsleben fiel ihm 2018 daher sehr schwer. ‚Wie motiviere ich mich jetzt in meinem neuen Lebensabschnitt?‘, war eine der Fragen, die er mir in meiner Rolle als Businesscoach stellte. Gleichzeitig fiel die Großmutter meiner Schwägerin in eine Altersdepression, nachdem ihr Mann verstorben war. Diese Situationen berührten die heutige Gründerin sehr und sie dachte darüber nach, wie eine Technik bei der Bewältigung solcher Veränderungsphasen behilflich sein könnte. Als studierte Technik- und Kommunikationswissenschaftlerin hatte Zerrin Börcek bis dato in einer Reihe technischen Unternehmen gearbeitet und sich mit der Entwicklung von Apps und Webseiten beschäftigt. Der Grundstein für „Teresa.AI“ war also gelegt!
„Die mobile Applikation soll älteren Menschen mehr Tagesstruktur geben, indem sie sie beispielsweise daran erinnert, genug zu trinken und ihre Medikamente einzunehmen. Außerdem ist sie in der Lage dazu, sie mit Angehörigen und Freunden zu vernetzen und erhält dadurch die soziale Einbindung“, erklärt die Gründerin. Ihr Ziel ist es, die Mensch-Maschine Schnittstelle zu integrieren und durch „Teresa.AI“ die digitale Teilhabe von älteren Erwachsenen zu erhöhen. Für die Umsetzung ihrer Idee hat sie sich die Produktentwicklerin und Co-Founderin Jeanette Bouffier ins Boot geholt. „Als ich eingestiegen bin, habe ich mir zunächst einmal alles an Studien bestellt, was mit älteren Erwachsenen und technischen digitalen Assistenzsystemen zu tun hat und habe dann schnell festgestellt, dass auf diesem jungen Markt zwar aktuell relativ viel passiert, aber alles noch ziemlich in den Kinderschuhen steckt. Es gibt bisher kaum Studien und das bedeutete für uns, dass wir unser Produkt mit Senior*innen gemeinsam entwickeln müssen“, sagt die 49-jährige Wiesbadenerin. „Dann kam Corona und spielte uns zwar bei unseren Tests und Interviews absolut nicht in die Karten, aber verdeutlichte genau die Problematik, für die wir eine Lösung schaffen wollten.“ Aus Umfragen im Rahmen der Entwicklung von „Teresa.AI“ ging hervor, dass den befragten Senior*innen mit zunehmendem Alter die Kommunikation fehlt. Sie verlieren mit der Zeit den Anschluss und vereinsamen, insbesondere in Zeiten der Coronapandemie.
…Aber was genau wird „Teresa.AI“ eigentlich von Alexa und Co. unterscheiden?
„Ich habe Alexa damals mit älteren Menschen getestet und sie wurde vehement abgelehnt. Der Grund dafür liegt in ihrer Urangst – Viele von ihnen haben Kriege am eigenen Leib miterlebt oder das Kriegstraumata mitgenommen und da Sprachassistenten wie Alexa auf ‚abhören‘ beruhen, schreckt sie das eher ab. Auf der anderen Seite ist Alexa vom Visuellen her auch eher ein ‚kaltes Gerät‘ – Es ist schwarz, es ist eine Box und es bietet keinerlei emotionale Anbindung, was dazu führt, dass sich ältere Menschen kaum damit identifizieren können. Das möchten wir anders machen“, erzählt Zerrin Börcek. Ein seniorengerechtes Design, welches durch einfache Handhabung, ansprechende Farbgebung und einen zielgerichteten Userflow überzeugt, soll die Lösung sein. „Und das zu entwickeln war wirklich eine Herausforderung“ verrät Co-Founderin Jeanette Bouffier. „Wie schaffen wir es, eine möglichst große Zielgruppe anzusprechen mit einem Design, das simpel, aber nicht zu simpel ist? Das war eine Frage, die wir uns oft gestellt haben. Man muss sehr genau schauen, für wen das Ganze entwickelt wird, was die Bedürfnisse derjenigen sind, was die Handicaps und wie viele Zugänge möglich sind. Falls jemand beispielsweise nicht mehr gut sieht oder hört, Tremor in den Händen hat oder halbseitig gelähmt ist in Folge eines Schlaganfalls.“
Aktuell steckt das Start-Up noch in der Entwicklungsphase und Ende des Monats beginnt dann die erste richtige Testphase mit Bewohner*innen eines Pflegeheims. Aufgrund der Pandemie waren solche Tests innerhalb von Einrichtungen bisher noch nicht möglich. „Wir sind sehr gespannt, wie sich das Ganze entwickeln wird. Es ist für uns ja auch ein Prozess, dem wir mit sehr viel Neugierde begegnen“, so Börcek. Ab Herbst 2022 wird „Teresa.AI“ dann sowohl im App-Store, als auch im Google-Play-Store erhältlich sein. Wir warten gespannt und wünschen dem Team alles Gute für diese innovative Idee, die das Älterwerden revolutionieren soll!
Weitere Informationen unter:
https://teresa.ai
Instagram: _teresa.ai