Eine Profilaufnahmen von Luca Pferdmenges, er trägt ein buntes Hemd Eine Profilaufnahmen von Luca Pferdmenges, er trägt ein buntes Hemd
Foto: © Enrique Rivera
01.11.2021
Stadtleben

Viel Talent in jungem Alter!

Weltrekord-Jongleur Luca Pferdmenges im Interview

Redaktion: Jessica Sindermann

Haben Sie schon einmal versucht, zu Jonglieren? Falls ja, werden Sie sicher schnell festgestellt haben, dass das bei Artist*innen einfacher aussieht als es in der Realität ist. Es bedarf einer eisernen Disziplin, hoher Konzentrationsfähigkeit und jeder Menge Übung, mehrere Gegenstände wiederholt in die Luft zu werfen und wieder aufzufangen, sodass sich zu jedem Zeitpunkt mindestens einer dieser Gegenstände in der Luft befindet.

Der 20-jährige Mönchengladbacher Luca Pferdmenges ist Experte auf diesem Gebiet. Er hält nicht nur acht Weltrekorde und gewann sechs Jonglage-Goldmedaillen, sondern schaffte es zuletzt auch ins Guinnessbuch der Rekorde. Für Shows und Fernsehauftritte reist der Artist um die ganze Welt und begeistert seine eine Million Abonnenten regelmäßig mit Jonglage-Videos und Fotos von seinen Reisen. Ich habe den talentierten Nachwuchskünstler zum Interview getroffen und durfte so einiges über seine Erfolgsgeschichte erfahren!

HINDENBURGER: Du bist Weltrekord-Jongleur und hast es in diesem Jahr ins Guinnessbuch geschafft. Erinnerst du dich noch an deine Anfänge zurück? Wie bist du zum Jonglieren gekommen?

Luca Pferdmenges: Angefangen hat eigentlich alles mit einem Schulprojekt in meiner ehemaligen Grundschule. Da ist ein Zirkus zu uns gekommen und wir hatten eine Art „Projektwoche“, in der mir die Basics der Jonglage beigebracht wurden. In den Jahren darauf habe ich dann für mich alleine weiter trainiert, ohne über die Möglichkeiten und Grenzen dieser Bewegungskunst genauer Bescheid zu wissen. Erst als ich dann 2014 auf meine erste Convention in Heerlen gegangen bin, änderte sich das. Andere Teilnehmer zeigten mir ebendiese Optionen auf und dadurch erhielt ich einen großen Inspirationsschub. Von da an trainierte ich sehr intensiv, Jahr für Jahr. Es gibt weltweit nur wenige Sportjongleure und daher ist das Jonglieren ein Sport, der einen mit einer Menge Leidenschaft, Disziplin und Training innerhalb von wenigen Jahren bis an die Weltspitze bringen kann. Dessen war ich mir bewusst! Und heute stehe ich eben da, wo ich jetzt stehe.

HINDENBURGER: Wann hast du entschieden, deine Leidenschaft zum Beruf zu machen und wie fielen die Reaktionen deines Umfeldes aus?

Luca Pferdmenges: Naja, das war natürlich keine Entscheidung, die ich von heute auf morgen getroffen habe. Das war ein Prozess. Nachdem ich 2016 bei „Superkids“ aufgetreten bin, hatte ich sehr viele Auftritte, auch international. Von da an begann ich, alleine durch Europa zu reisen und es kristallisierte sich immer mehr heraus, dass mir das Herumkommen und die Auftritte wirklich Freude bereiteten. Und dann gab es da dieses österreichische Jonglierteam „Jonglissimo“, dessen Künstler*innen seit vielen Jahren meine Idole waren und sämtliche Rekorde im Teamjonglieren hielten. Mit einigen von ihnen verstand ich mich sehr gut und sie trainierten mich, bis ich dann erste Auftritte mit der Gruppe hatte und schließlich ein fester Bestandteil des Teams wurde. Mein Abitur habe ich dann tatsächlich nicht zu Ende gemacht und wohne seitdem in Österreich, um gemeinsam mit Jonglissimo durch die ganze Welt zu touren. Für mich war das die richtige Entscheidung denn es ist das, was ich wirklich machen möchte. Aber ich weiß auch, dass mein fehlendes Abitur für eventuelle spätere Berufswünsche ein Problem darstellen kann. Auch meine Eltern waren zunächst eher schockiert, als ich mich gegen meinen Schulabschluss und stattdessen für diese visuelle Kunstform entschied. Dennoch haben sie mich immer unterstützt und tun es auch heute noch.

HINDENBURGER: So ein Weltrekordversuch bedarf sicher einer besonderen Vorbereitung. Wie sieht ein Tag bei dir aus?

Luca Pferdmenges: Wenn ich wirklich für einen Weltrekord trainiere, benötige ich natürlich eine Halle mit ausreichender Deckenhöhe, gute Kondition und beginne bereits Tage zuvor mit einer ordentlichen Vorbereitung. Aber ich muss auch dazu sagen, dass es sich bei Guinness selbst eher um kommerzielle Weltrekorde handelt. Es sind keine Rekorde, bei denen ich mir jetzt als Jongleur denke „Okay gut, darauf trainiere ich jetzt hin.“ Um ehrlich zu sein ist der Prozess, den Antrag dafür zu stellen und genehmigt zu bekommen meist schwerer als der Rekord selbst. Man benötigt Zeugen, einen Timekeeper, Experten, die etwas verifizieren, eine Menge Unterschriften und der Versuch muss zudem an einem öffentlichen Ort stattfinden. Aber in der Jonglierszene habe ich ebenfalls einige Weltrekorde und das sind eigentlich die, auf die ich als Jongleur wirklich stolz bin.

HINDENBURGER: Du bist sehr aktiv bei Instagram und TikTok, hast weltweit Auftritte und wirkst in TV-Shows mit. Wie schaffst du es in so jungem Alter, das alles unter einen Hut zu bringen?

Luca Pferdmenges: Es gibt einerseits viele Menschen, die nicht verstehen, was ich eigentlich mache und davon ausgehen, dass ich den ganzen Tag nur rumsitze. Und dann gibt es Menschen wie Sie, die mir ebendiese Frage stellen. Und wollen Sie meine ehrliche Antwort? Ich weiß es nicht. Ich bin generell ein Mensch, der am liebsten viele Projekte gleichzeitig macht und immer unterwegs ist. Ich liebe es zu Reisen und neue Menschen, Länder und Kulturen kennenzulernen. Dadurch lassen sich all diese Bereiche für mich sehr gut miteinander verbinden.

HINDENBURGER: Was sind deine bisher größten Erfolge?

Luca Pferdmenges: Wenn Sie mich das jetzt als Jongleur fragen, dann würde ich definitiv sagen „7 Keulen Backcrosses“, also mit sieben Keulen hinter dem Rücken zu jonglieren. Aber generell bin ich natürlich stolz darauf, ein paar Weltrekorde zu halten. Das war als Kind immer mein größter Wunsch; jedes Jahr habe ich mir die neuste Ausgabe des „Guinness World Record“- Buches gekauft und heute stehe ich selbst drin. Das freut mich schon sehr! Mit 15 war dann mein Ziel, irgendwann mit Jonglissimo auf Tour gehen zu können. Ich trainierte hart dafür und habe auch das inzwischen erreicht. Daher ist das sicherlich auch einer meiner einschlägigsten Erfolge bisher.

HINDENBURGER: Was fühlt man in so einem „Rekord“-Moment?

Luca Pferdmenges: Da kommt es sehr drauf an ob man Guinness- oder Jonglierweltrekorde macht. „7 Keulen Backcrosses“ haben bisher beispielsweise erst so wenige Menschen geschafft, dass mir dieser Erfolg quasi einen besonderen Status in der Jonglierszene verleiht. Daher konnte ich es in dem Moment selber kaum fassen und habe vor Freude los geschrien letztes Jahr!

HINDENBURGER: Du hast bereits in verschiedensten Shows und Bühnenprogrammen mitgewirkt und tust es noch immer. Welche Auftritte sind dir besonders in Erinnerung geblieben?

Luca Pferdmenges: Mein Auftritt bei „Superkids“ war definitiv einer davon! Denn ich wusste, dass da drei Millionen Leute vor ihren Fernsehern zuschauen und auf mich fokussiert sein werden. Live war das Highlight aber das „Feuerwerk der Turnkunst“, weil wir da in den größten Arenen Deutschlands mit Jonglissimo aufgetreten sind. Da schauen über 10.000 Menschen im gleichen Moment zu und ich liebe Auftritte mit viel Publikum.

HINDENBURGER: Aber gerade bei solchen Auftritten mit viel Publikum – Hast du noch Lampenfieber?

Luca Pferdmenges: Ja definitiv! Natürlich kommt es immer auf die Auftritte an, aber gerade bei Superkids oder eben den ersten Shows der Arenen Tour bin ich natürlich schon super aufgeregt gewesen! Bei mir ist es tatsächlich so, je aufgeregter ich bin, umso besser performe ich. Ein bisschen Adrenalin ist gut! Das ist das, was Spaß macht, weil man ja immer vor neuen Herausforderungen steht. Was mir in solchen Momenten immer ganz gut hilft ist das Dehnen und Meditieren. Und auch einfach anzuerkennen „Okay, du bist gerade verdammt nervös, aber das ist okay! Das gehört dazu!“

HINDENBURGER: Künstler*in, Schauspieler*in, Tänzer*in. Was würdest du jungen Erwachsenen mit einem eher unkonventionellen Berufswunsch raten?

Luca Pferdmenges: Das Leben ist viel zu kurz um etwas zu machen, was einem letztendlich keinen Spaß macht! Daher würde ich jedem raten „Go for it, gib 100% und mach es!“ Es gibt heutzutage so viele Möglichkeiten, seine Träume zu verwirklichen.

HINDENBURGER: Inzwischen arbeitet der erfolgreiche Mönchengladbacher schon wieder fleißig auf seinen nächsten Rekord hin: Er möchte der Jüngste sein, der je alle Länder der Welt bereist hat. Aktuell ist er bei 89 von 195 Ländern. Wir wünschen ihm dabei viel Erfolg und auch weiterhin nur das Beste für seine weitere Karriere als Jonglage-Artist!