Jessica Sindermann
Im Gespräch mit Schauspieler und Regisseur Frank Matthus
Die Tage werden kürzer, dunkler und kühler, aber auf der Bühne des Theaters Krefeld und Mönchengladbach wird’s heiß – und glamourös zugleich! Denn der „Ball im Savoy“ lockt seine Gäste mit Liebe und der Garantie auf eine knisternde Nacht. Ab November ist Paul Abrahams beliebte Jazz Operette von 1932 erstmalig Bestandteil des Spielzeitrepertoires 2023/24 und erzählt die Geschichte eines frisch verheirateten Ehepaars, dessen Treue auf dem „Ball im Savoy“ unter Beweis gestellt wird. Versprochen wird eine Mischung aus Witz, Ironie und Erotik, gepaart mit Shownummern, die von Walzer über Jazz bis hin zum Musical reichen sollen.
Ich möchte mehr über das Stück erfahren, das nicht nur in Deutschland, sondern auch international als echter Publikumsrenner gilt und treffe Regisseur Frank Matthus zum Interview! Er ist selbst Schauspieler, arbeitet seit 1991 international als freischaffender Regisseur in den Bereichen Schauspiel, Musical und Oper und hat auch „Ball im Savoy“ am Theater Krefeld und Mönchengladbach inszeniert.
HINDENBURGER: Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?
Frank Matthus: Ich bin eigentlich gelernter Schauspieler und war nach meinem Studium an der Schauspielschule Ernst Busch zunächst am Berliner Ensemble engagiert. In den 1990er Jahren habe ich viele Rollen in Film und Fernsehen gespielt, unter anderem die Titelrolle in dem lettischen Kinofilm „Der Klavierspieler“. Als freiberuflicher Regisseur habe ich seitdem verschiedenste Schauspiele, Opern und Musicals inszeniert. 2011 war ich das erste Mal für das Theater Krefeld und Mönchengladbach tätig mit der Produktion „Rocky Horror Show“.
Ich komme aus einem musikalischen Elternhaus – mein Vater war Komponist, meine Mutter Sängerin und ich glaube, dass meine Eltern dachten, ich würde vielleicht mal Dirigent werden. Ich selbst wollte den Apfel allerdings möglichst weit weg vom Stamm werfen! (lacht) Für mich war die Schauspiel-Richtung immer schon die interessantere. Regie führen oder Stücke schreiben, das reizte mich. Aber ich dachte, es ist irgendwie ehrlicher, sich erstmal selbst auf die Bühne zu stellen anstatt sich gleich in das Introvertierte zurückzuziehen.
HINDENBURGER: Aktuell läuft das Musiktheater „Ball im Savoy“, welches Sie inszeniert haben. Wie würden Sie den Stil und die Atmosphäre des Stücks beschreiben?
Frank Matthus: Es ist eine typische Revue-Operette aus den 30-er Jahren, die etwas Glänzendes, Glamouröses und Schwingendes repräsentiert und mit schönen Melodien überzeugt. Schon der Name alleine steht für Lebenslust, Loslassen, Verschwendung, Genuss, leichtes Leben und für ein bisschen Betrug. Und genau das zeigen wir auch! Die Geschichte ist sehr charmant geschrieben, wie ich finde und lässt auch ein wenig Tiefe zu. Wir haben lange darüber nachgedacht, ob es tatsächlich diese Revue-Gala-Treppe geben soll, die ja normalerweise zu so einer Art von Stücken dazugehört. Wir wollten es eigentlich mal anders machen – ohne die berühmte Treppe. Aber sie ist nun mal einfach ein Charakteristikum und daher haben wir uns am Ende doch dafür entscheiden.
HINDENBURGER: Welche Herausforderungen gab es bei der Inszenierung dieses Stücks?
Frank Matthus: Aus dem Praktischen kann ich sagen, dass die größte Herausforderung für mich und den Choreographen Ralph Frey war, alle Darstellenden auf der Bühne zu koordinieren. Es handelt sich um ein sehr komplexes Stück und wir haben ein 7-köpfiges Solistenensemble, einen Chor, ein Ballettensemble und ein Extra-Tanzensemble. Man muss schon vorausdenken und Übergänge antizipieren können. Ich bin wirklich beeindruckt vom gesamten Kollegium, wie es Probenergebnisse behält und umsetzt.
HINDENBURGER: Erzählen Sie gerne etwas zur Handlung des Stücks.
Frank Matthus: Die Marquise de Faublas Madeleine und der Marquis de Faublas Aristide kehren nach einem Jahr Hochzeitsreise zurück in ihre Villa. Das wird mit einer Menge Freunden gefeiert, die sich ihnen mehr oder weniger aufdrängen. Als die Stimmung auf dem Höhepunkt ist, erreicht Aristide ein Telegramm seiner früheren Geliebten Tangolita. Dieser gab Aristide den Laufpass, weil er sich in Madeleine verliebt hatte, und wollte ihr die Trennung mit einem großzügigen Scheck versüßen. Die lehnte den Scheck aber ab und bestand stattdessen darauf, dass er sie einmal zum Galadiner ausführe, wann immer sie es verlangt. Und ausgerechnet an diesem Tag verlangt sie dann danach. Aristides Freund Mustapha Bey hat eine Idee, wie man diese verzwickte Situation meistern könnte. Da kommt ein zweites Telegramm, in dem ein Komponist namens Pasodoble den Hausherrn bittet, ihn im Hotel Savoy aufzusuchen, wo er im Ballsaal sein neuestes Werk dirigieren werde. Hinter dem Pseudonym Pasodoble verbirgt sich die Komponistin und Freundin von Madeleine Daisy Darlington. Sie hinterlässt ihrer Freundin Madeleine auch eine Nachricht über das seltsame Spiel. Als Madeleine von dem Betrug ihres frisch angeheirateten Ehemannes erfährt, möchte sie natürlich auch ins Savoy. Und dann nimmt die ganze Geschichte so ihren Lauf.
HINDENBURGER: Gibt es bestimmte Botschaften/ Themen die Sie mit dieser Inszenierung vermitteln möchten?
Frank Matthus: In erster Linie ist „Ball im Savoy“ natürlich eine Operette, die unterhalten und nicht „die Welt erklären“ möchte. Sie erklärt zwar schon etwas über die Mann-Frau-Beziehung und die Betrügerei, aber eigentlich handelt es sich um ein Stück, welches man beschwingt und mit guter Laune schauen kann. Vielleicht kann man mal einen Abend vergessen, was in der Welt um uns herum so passiert, einfach nur das Bühnengeschehen genießen.
HINDENBURGER: Wie haben Sie mit den Sängern zusammengearbeitet, um die Charaktere zum Leben zu erwecken?
Frank Matthus: Wir mussten eigentlich gar nichts erfinden, da Operetten in der Regel immer sehr typisiert und speziell sind. Die Charaktere und Figuren sind ziemlich vorgegeben.
HINDENBURGER: Wodurch zeichnet sich die Musik des Stückes aus?
Frank Matthus: Die Musik ist etwas ganz Verrücktes! Es gibt richtige Hits in diesem Stück. Zum Beispiel der „Känguru-Song“ und „Es ist so schön am Abend bummeln zu geh‘n“ sind richtige Ohrwürmer, die auf jeden Fall im Kopf bleiben! Aber es gibt auch viele weitere Melodien. Generell ist die Musik einfach unheimlich schön, auch harmonisierend. Irgendwas zwischen Jazz und sinfonischem Klang.
HINDENBURGER: Wie haben Sie die Balance zwischen Komödie und Drama in diesem Stück gefunden?
Frank Matthus: Im Prinzip ist es eine Komödie. Aber ich würde sagen, wenn man eine Komödie gut inszenieren will, ist man gut beraten, sie als Drama zu arrangieren.
HINDENBURGER: Welche Aspekte des Stücks sind Ihrer Meinung nach besonders ansprechend für das Publikum?
Frank Matthus: Die Musik und auch die Show. Einerseits die großen Bilder, aber auch die Handlung, die sehr pointiert geschrieben ist. Dadurch, dass das Publikum natürlich mehr weiß als die Figuren auf der Bühne, baut sich im Laufe des Stückes wirklich Spannung auf.
HINDENBURGER: Gibt es bestimmte Momente oder Szenen, auf die Sie besonders stolz sind? Wenn ja, welche?
Frank Matthus: Es gibt einen Dialog, den ich „Quartett“ nenne. Eine Gesprächsszene zwischen Aristide, Madeleine, Mustapha und Daisy, in der sie sich gegenseitig belügen und die ich wirklich sehr mag, weil sie einfach unfassbar komisch ist. Und dann auch den Zusammenbruch der Madeleine am Ende des zweiten Aktes. Auch der dritte Akt ist toll, denn die Geschichte bekommt an dieser Stelle nochmal einen extra Nervenkitzel! Das sind einfach schöne, witzige Situationen, die entstehen und die wir herausgearbeitet haben. Ich freue mich, einfach diese dem Publikum zu präsentieren.
HINDENBURGER: Vervollständigen Sie bitte folgenden Satz: Theater bedeutet für mich…
Frank Matthus: …eine andere Realität… Ein zweites Zuhause… eine erhellende Wahrheit… eine schöne Illusion … ein Traum … Lebenshilfe … Glück.
HINDENBURGER: Lieber Herr Matthus, herzlichen Dank für die Einblicke in ihren Beruf als Regisseur und in die vielversprechend klingende Inszenierung des neuen Stückes „Ball im Savoy“! Bis Ende Mai können Interessierte das Stück noch auf der großen Bühne des Theaters Mönchengladbach bestaunen. Auch an Silvester gibt es eine Aufführung, die das Publikum dann in die Welt des Glitzers und Glamours entführen soll. Nichts könnte passender sein!
Tickets sind erhältlich an der Theaterkasse
Odenkirchener Str. 78
41236 Mönchengladbach
Tel. 02166 . 61 51 100
und online unter www.theater-kr-mg.de/spielplan/ball-im-savoy