Profilaufnamen von Maren Gambusch und Silvia Behnke Profilaufnamen von Maren Gambusch und Silvia Behnke
Foto: © Matthias Stutte
v.l. Maren Gambusch und Silvia Behnke sind die Theaterpädagoginnen des Theaters Krefeld und Mönchengladbach
01.11.2022
Theater

Die Theaterpädagoginnen

Viel mehr als „nur“ Projekte für interessierte Kinder und Jugendliche

Redaktion: Marion Freier

Mitte Oktober standen uns die beiden Theaterpädagoginnen Maren Gambusch und Silvia Behnke für ein Gespräch über ihre Arbeit und ihre Projekte zur Verfügung.

HINDENBURGER: Frau Gambusch und Frau Behnke, wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen bzw. was hat Sie dazu bewegt, diesen auszuwählen?

Silvia Behnke: Ich persönlich war ja lange Zeit selbst als Solotänzerin hier am Haus, hatte aber im Vorfeld auch schon eine pädagogische Ausbildung abgeschlossen. Dann kam Herr Grosse als Generalintendant hier ans Haus und gleichzeitig wurde eine Pädagogenstelle frei, die mir dann von ihm angeboten wurde. Seitdem bin ich Tanz- und Theaterpädagogin hier am Haus.

Maren Gambusch: Bei mir ist das ähnlich. Ich habe viele Jahre selbst Theater gespielt, vornehmlich Kinder- und Jugendtheater. Durch ein früheres Studium in Sonderpädagogik hatte ich bereits Erfahrung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Berufsbegleitend habe ich dann noch Theaterpädagogik studiert. Während meiner Zeit hier am Theater wechselte mein Vorgänger innerhalb des Hauses die Abteilungen und so wurde ‚meine‘ Stelle frei. Somit bin ich jetzt seit über 6 Jahren hier am Haus Theaterpädagogin.

HINDENBURGER: Was genau sind Ihre Aufgaben hier am Theater? Und teilen Sie sich bestimmte Aufgabenbereiche?

Maren Gambusch: Wir sind nach Sparten aufgeteilt. Was die Schulbetreuung betrifft, liegt mein Schwerpunkt in den Schauspielproduktionen und der Schwerpunkt meiner Kollegin bei Ballett und Musiktheater, was ja auch ganz sinnvoll ist, da es jeweils die Bereiche sind, aus denen wir kommen. Aber ganz viele andere Aufgabenbereiche teilen wir uns auch.

Silvia Behnke: Wir sind z.B. mit Workshops unterwegs in den Schulen und bieten zu allen Produktionen Führungen an. Wenn Schulklassen in Vorstellungen gehen, können die Lehrer entscheiden, ob sie lieber einen Workshop möchten oder eine Führung mit der Gruppe. Wir veranstalten aber auch Projekttage, bei denen wir die Gruppe auf das Theaterspiel im Allgemeinen vorbereiten. Seit Corona bieten wir auch digitale Führungen an, die somit vor Ort in der Schule möglich sind. Dann haben wir das ‚Klassenzimmerstück‘, mit dem wir jetzt beide unterwegs sind: „Die weiße Rose lebt“. Hier geht es um Sophie und Marlon, die Mitspieler für Sophies Theaterstück suchen. Um Mitschüler anzuwerben zeigen die beiden Ausschnitte aus dem Stück, bei dem es um die letzten Minuten von Sophie und Hans Scholl im Gefängnis geht. Die Handlung springt daher immer zwischen dem ‚Heute‘ und der Gefängniszelle hin und her und macht deutlich, dass es auch heute noch Rechtsradikalität gibt. Mit den Jugendclubs mache ich dieses Jahr „Footloose“ auf der Studiobühne. Hierfür könnten wir übrigens noch ein paar Jungen brauchen (Bewerbungen an silvia.behnke@theater-kr-mg.de).

Maren Gambusch: Bei meinem Projekt in Krefeld in der Fabrik Heeder „Ist mein Mikro an?“ sind auch Gladbacher Jugendliche dabei. Hierbei geht es im weitesten Sinne um die Klimakrise, um Jugendliche, um die Verantwortung der Erwachsenen-Generation, darum, welche Welt wir den Jugendlichen hinterlassen möchten und wie alt man sein muss, um politische Verantwortung übernehmen zu können.

HINDENBURGER: Arbeiten Sie nur mit Schülern und Schülerinnen zusammen oder auch mit Erwachsenen?

Maren Gambusch: Überwiegend tatsächlich mit Kindern und Jugendlichen zwischen 15 und 27 Jahren. Für alle, die sich über dieser Altersgrenze befinden, starten wir in dieser Spielzeit mit einer Bürgerbühne. Die Proben werden in Krefeld sein, es sind aber auch Interessierte aus Mönchengladbach willkommen. Vielleicht spielen wir später auch in beiden Städten. Ich freue mich auch sehr, dass bereits sehr gemischte Anmeldungen vorliegen, aktuell zwischen 30 und 68 Jahren. Das einzige, was man hier mitbringen muss, ist die Lust am Theaterspiel.

Silvia Behnke: Neben den Jungendclubjahresprojekten arbeite ich in Krefeld noch mit den Musical-Dancern aus beiden Städten. Manche sind schon seit 2010/11, seit meiner ersten Spielzeit als Theaterpädagogin, dabei. In diesen rein tänzerischen Gruppen starte ich ab 12 Jahren.

HINDENBURGER: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Ensembles hier am Theater?

Silvia Behnke: Zum einen sind wir immer mit den Kollegen im Gespräch, da wir ja über die Produktionen Bescheid wissen müssen. Wir stellen z.B. Materialmappen für die Lehrer zusammen. Und jede Inszenierung ist ja immer wieder neu, immer wieder anders und unter anderer Regie. Hierfür sind wir im permanenten Austausch mit den Kollegen aus den verschiedenen Sparten und gehen natürlich zu Proben, denn danach müssen wir ja auch unsere Workshops an den Schulen ausrichten.

Maren Gambusch: Zum anderen wirken unsere ‚Clubber‘ aber auch bei großen Produktionen mit. Das sind dann Mitglieder unserer Jugendclubs, die sich schon ein wenig Bühnen- oder Schauspielerfahrung erarbeitet haben, z.B. aktuell bei dem Schauspiel „Alles Weitere kennen Sie aus dem Kino“ in Krefeld oder bei „Sunset Boulevard“, einem Musical von Andrew Lloyd Webber. Manchmal machen unsere ‚Clubber‘ aber auch Kostümhospitanten oder ein Praktikum in der Maske und bleiben dann dort. Da gibt es schon viele Berührungspunkte.

Silvia Behnke: Letzte Spielzeit war eine Clubberin Inspizientin bei Molière´s „Der eingebildete Kranke“ (Tanztheaterproduktion Jugendclub MG).

HINDENBURGER: Was sind die größten Herausforderungen bei Ihrer Tätigkeit?

Silvia Behnke: Wenn man Montags morgens um 8 Uhr in eine müde Schulklasse kommt, ist die größte Herausforderung, sie aufzuwecken, in Bewegung, in Aktion und in Kreativität zu bringen.

Maren Gambusch: Und generell sehe ich das auch als unsere Aufgabe, das etwas staubige Image, was das Theater eben bei jungen Leuten hat, wegzupusten. Wir versuchen unsere Begeisterung auf die Kinder und Jugendlichen überspringen zu lassen. Das ist manchmal ganz leicht und manchmal ein wirklicher Kraftakt.

HINDENBURGER: Gibt es bestimmte Dinge, die Ihnen bei Ihrem Job mehr Spaß machen als andere?

Silvia Behnke: Die administrativen Aufgaben sind etwas unbeliebter, aber auch die müssen ja gemacht werden. Unsere größte Freude haben wir bei der kreativen und gestalterischen Zusammenarbeit mit den Jugendlichen, egal ob in der Schule oder im Jugendclub.

HINDENBURGER: Gab es ein bestimmtes Erlebnis hier am Theater, an das Sie sich immer noch gern erinnern?

Maren Gambusch: Da gibt es mehrere, aber eines ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Bei meiner allerersten Jugendclub-Produktion hier im Haus rief zu Anfang der Spielzeit eine Sozialarbeiterin bei mir an und sagte „Ich hab hier ein junges Mädchen mit unheimlich viel Problemen, die davon träumt, Theater zu spielen. Kann sie einfach mal vorbeikommen? Ich glaube aber nicht, dass sie wirklich dabeibleibt.“ Sie kam dann auch, hatte am Anfang immer den Kopf nach unten gebeugt und man konnte sie kaum verstehen. Bei der Premiere stand sie dann ganz groß und aufrecht da, mit erhobenem Kopf, und man verstand sie noch in der letzten Reihe. Und nach der Premiere sagte sie „Das war der schönste Tag in meinem Leben“. Und der Mutter liefen die Tränen nur so herunter. Ich bin mir sicher, wenn ich mal in Rente gehe, kann ich mich an diesen Moment immer noch erinnern, weil das für mich auch ein Sinnbild dafür ist, was Theater ‚kann‘.

Silvia Behnke: Ich hab in all den Jahren viele Clubber‘ erlebt, die ähnliches erfahren haben. Und wenn ganz kleine ‚Pflänzchen‘ irgendwann aus sich herausgehen und dann von sich selbst sagen, durch die Erfahrungen am Theater auch im Leben ganz anders dazustehen, das sind besonders schöne Momente.

HINDENBURGER: Möchten Sie noch etwas über Ihre aktuellen Produktionen oder Projekte erzählen?

Silvia Behnke: Gerne! Zum einen werden wir in diesem Jahr ein Schultheaterfestival hier in Mönchengladbach anbieten, ähnlich wie es früher die Theatergemeinde auf die Beine gestellt hatte. Wir möchten jungen Menschen die Chance geben, auf der Bühne zu stehen und richten uns dabei neben Schulen auch an Jungendzentren oder an Bands. Es soll ein möglichst internationales Event werden, bei dem im Foyer Bands spielen oder Folkloregruppen Tänze zeigen, und auf den großen Bühnen Schulen abwechselnd etwas darbieten. Dafür müssten sich die entsprechenden Lehrkräfte oder Gruppenleiter bei uns bis Ende Dezember mit einem Video und einem Anschreiben bewerben. Anschließend wird dann alles wegen des benötigten technischen Equipments mit unserer Technik geklärt. Stattfinden wird das Ganze dann am 6. und 7. Mai 2023.

HINDENBURGER: An welche E-Mail-Adresse sollen die Bewerbungen gehen?

Silvia Behnke: An die E-Mail-Adresse theaterpaedagogik@theater-kr-mg.de.

Maren Gambusch: Außerdem bieten wir in diesem Jahr wieder ein Weihnachtsmärchen an - „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ von Michael Ende. Hierzu haben wir uns aus mehreren Gründen entschieden, u.a. weil der Roman aus 1989 immer noch sehr aktuell ist. Es geht um Umweltzerstörung, Artensterben, aber - wie wir finden - auf eine wirklich zauberhafte Art. Inszenieren wird Rüdiger Pape, ein sehr erfahrener Kinder- und Jugendtheaterregisseur, der sich schon viel mit Michael Ende befasst hat. Die Rollen des Katers und des Raben werden mit jungen Kollegen besetzt, die für die Kinder Identifikationsfiguren sein und gleichzeitig auch die Fridays For Future Bewegung ansprechen sollen. Es wird ein schönes Familienstück mit einem wunderschönen Bühnenbild werden. Man kann einerseits in eine Art Zauberwelt eintauchen, was man sich ja von einem Weihnachtsmärchen wünscht, wird aber auch andererseits zu Gesprächen in der Schulklasse oder in der Familie angeregt.

HINDENBURGER: Das Stück läuft ab und bis wann?

Maren Gambusch: Die Premiere ist am 26. November und es läuft bis einschl. zum 2. Weihnachtsfeiertag, mit Wochenend-Vorstellungen für Familien und den üblichen Vorstellungen für Schulen unter der Woche.

HINDENBURGER: Vielen Dank für Ihre Zeit und viel Erfolg mit Ihren Projekten.


INFO

Schultheaterfestival Mönchengladbach
des Theaters Krefeld und Mönchengladbach
am 06. und 07. Mai 2023

Bewerbungen
von Lehrkräften und Gruppenleitern bis Ende Dezember 2022 per E-Mail an:
theaterpaedagogik@theater-kr-mg.de

Weihnachtsmärchen
„Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ von Michael Ende

26.11. (Premiere) bis 26.12.2022 einschließlich, mit Wochenend-Vorstellungen für Familien und den üblichen Vorstellungen für Schulen unter der Woche.