Jessica Sindermann
Am 9. Juni ist es soweit – „Eugen Onegin“ von Peter Tschaikowsky nach der Vorlage von Alexander Puschkin kommt auf die Bühne des Theaters Krefeld und Mönchengladbach und feiert hier nicht nur Premiere, sondern auch 150-jährige Operntradition. Denn Tschaikowskys Vertonung des Puschkin-Poems über einen gelangweilten Adligen, der seine Liebe nicht findet, ist auch heute noch ein Liebling im Opernrepertoire. Und das nicht ohne Grund – die Zuschauer werden regelrecht hineingezogen in die musikalisch untermalte Sehnsucht nach einer Liebe, die aus eigenem Verschulden heraus unerfüllt bleibt.
Sängerin Sofia Poulopoulou, die seit dieser Spielzeit ein festes Mitglied des Musiktheater- Ensembles ist, verkörpert die weibliche Hauptfigur Tatjana, der Tschaikowsky nach langem Liebesringen am Ende den stillen Triumph verleiht, „nein“ zu sagen. Ich habe die gebürtige Griechin zum Interview getroffen und mit ihr über ihren Beruf und die kommende Opernpremiere gesprochen!
HINDENBURGER: Wie sind Sie zu ihrem Beruf gekommen? Haben Sie sich schon als Kind für die Oper interessiert?
Sofia Poulopoulou: Ich habe eigentlich schon als Kind gerne gesungen und mich währenddessen aufgenommen, um mich dann im Anschluss selbst zu korrigieren. Allerdings galt meine Leidenschaft damals noch nicht dem Operngesang. Ich habe zunächst in einer Rockband gesungen und interessierte mich erst später für den klassischen Gesang. Ich hielt die Technik des klassischen Gesangs für sehr präzise und anspruchsvoll, und fasziniert davon wollte ich mich herausfordern, sie zu erlernen. Und was soll ich sagen – der klassische Gesang wurde nach und noch zur obersten Priorität in meinem Leben. Nachdem ich am Nationalen Konservatorium von Athen studiert hatte, habe ich dann einen Abschluss in klassischer Musik und Gesang am Königlichen Konservatorium Antwerpen abgeschlossen und an der Belcanto-Akademie/Opera Studio Pergine in Italien teilgenommen.
HINDENBURGER: Was ist in Ihrem Beruf besonders wichtig?
Sofia Poulopoulou: Ich denke, man sollte auf jeden Fall die Bereitschaft und Offenheit mitbringen, auch weiterhin Dinge zu lernen, sich durch Korrekturen weiterzuentwickeln und besser zu werden. Eine gute Technik ist in meinem Beruf sehr wichtig. Und die erfordert ständige Übung und Fleiß. Fleiß ist eine wichtige Eigenschaft. Außerdem sollte man bereits in den Proben alle Emotionen zeigen, damit es später auf der Bühne funktioniert.
HINDENBURGER: Welche Bedeutung hat die Oper für Sie? Was reizt Sie daran?
Sofia Poulopoulou: Die Charaktere in der Oper haben immer zwei Seiten und man bekommt sehr häufig auch den Kampf zwischen beiden Seiten mit, je nach Szene. Das ist etwas, was mich sehr fasziniert! Diese Dualität. Außerdem liebe ich die Musik! Die Art wie sie geschrieben ist, weckt einfach während des Hörens ganz besondere Emotionen in mir.
HINDENBURGER: Wie sieht ein Arbeitsalltag bei Ihnen aus?
Sofia Poulopoulou: Ich stehe eigentlich immer extra früh auf, damit ich genügend Zeit habe, um zu frühstücken und meine Stimme durch bestimmte Stimm- und Atemübungen aufzuwärmen. Das ist wichtig nach der Ruhephase in der Nacht. Im Anschluss daran lese ich mir nochmal die Texte der aktuellen Stücke durch und verinnerliche deren Melodien, indem ich sie auf dem Klavier spiele oder mir eine Aufnahme davon anhöre. An Tagen, an denen die Proben etwas später beginnen, schaue ich mir auch die Regie-Notizen nochmal an. Dann geht’s zur Probe! Die Proben dauern rund drei Stunden, inklusive Pause. Danach habe ich dann etwas Zeit mich auszuruhen oder ein bisschen zu lesen, bevor es dann noch einmal zurück ins Theater geht. Manchmal bis 22 Uhr abends.
HINDENBURGER: Würden Sie sagen es ist wichtig, als Opernsängerin sportlich aktiv zu sein?
Sofia Poulopoulou: Ohja! Auf jeden Fall. Ich würde sogar fast sagen, es ist ein sportlicher Job. Wir müssen uns viel bewegen auf der Bühne, stehen auf, setzen uns wieder und müssen gleichzeitig singen und natürlich die Töne treffen. Ich gehe manchmal abends um 23 Uhr noch ins Fitnessstudio, wenn ich Feierabend habe.
HINDENBURGER: Am 9. Juni um 18 Uhr findet mit “Eugen Onegin“ die letzte große Opernpremiere in dieser Saison statt. Erzählen Sie gerne etwas darüber.
Sofia Poulopoulou: Die Oper von Peter Tschaikowsky ist eine Geschichte von Leidenschaft und gleichzeitiger Bindungsangst. Es geht darum, wie Gefühlskälte und Überdruss aufrichtige Zuneigung zerstören können. Ich verkörpere in dieser Oper die weibliche Hauptfigur Tatjana, eine junge, noch unerfahrene Frau. Als Eugen Onegin in ihr strukturiertes Leben tritt, erscheint er ihr wie eine Gestalt aus einem Roman. Sie verliebt sich in den weltgewandten Mann, der jedoch ihre Zuneigung ablehnt. Als sich die beiden viele Jahre später erneut begegnen, stellt Onegin fest, dass Tatjana doch die Richtige für ihn gewesen wäre. Sie ist jedoch inzwischen verheiratet und weist ihn dann zurück.
HINDENBURGER: Die Oper ist inzwischen fast 150 Jahre alt. Würden Sie sagen, es gibt trotzdem Parallelen zwischen dem Stück von 1879 und der heutigen Zeit? Inwiefern?
Sofia Poulopoulou: Ich würde sagen, dass wir immer Parallelen finden können, wenn wir uns eine Oper ansehen. Etwas, womit wir uns identifizieren können. Ich bin mir sicher, dass es immer jemanden gibt, der sich vielleicht eingeschränkt fühlt in seinem Umfeld und sich nach Freiheit sehnt, jemanden liebt und abgelehnt wird oder eine Menge Träume hat, aber erstmal sein gegenwärtiges Leben irgendwie zu meistern versucht.
HINDENBURGER: Haben Sie ein Lieblingslied oder einen Lieblingskomponisten?
Sofia Poulopoulou: Das ist eine sehr schwierige Frage. Jeder von ihnen hat ganz Unterschiedliches zu bieten! Ich liebe und schätze die Werke von Giacomo Puccini und Giuseppe Verdi. Aber mich beeindruckt auch, wie Peter Tschaikowsky „Eugen Onegin“ komponiert hat. Ich mag die Musik sehr und daher könnte ich keinen einzelnen Lieblingskomponisten bestimmen.
HINDENBURGER: Vervollständigen Sie bitte folgenden Satz: Theater bedeutet für mich…
Sofia Poulopoulou: …ein Ort, an dem ich in spezielle Denkweisen und Emotionen eintauchen und die Außenwelt einen Moment lang vergessen kann.
HINDENBURGER: Liebe Frau Poulopoulou, herzlichen Dank für die Einblicke in ihre Berufswelt und in die Oper „Eugen Onegin“, eine Geschichte voller Sehnsucht, Arroganz, Hingebung und Ablehnung!
Wir drücken die Daumen für die Premiere am 9. Juni im Theater Mönchengladbach.
EUGEN ONEGIN
Lyrische Szenen in drei Akten (sieben Bildern); Musik von Peter Tschaikowsky; Libretto von Peter Tschaikowsky und Konstantin S. Schilowski nach dem Versroman von Alexander Puschkin.
Tickets
erhältlich an der Theaterkasse
Odenkirchener Str. 78
41236 Mönchengladbach
Tel. 02166 . 61 51 100
und online unter https://theater-kr-mg.de/spielplan/eugen-onegin