Teresa Levrini als Mata Hari Teresa Levrini als Mata Hari
Foto: © Matthias Stutte
Teresa Levrini als Mata Hari
01.04.2023
Theater

Mata Hari - Ein Ballett von Robert North

Redaktion: Jessica Sindermann

„Eine große dunkle Gestalt schwebt herein. Kräftig, braun, heißblütig. Ihre Arme waren auf der Brust unter einem Blumenmeer verschränkt. So stand sie einige Sekunden regungslos und starrte wie gebannt auf eine Statue Shivas am Ende des Raums. Sie trug ein durchsichtiges weißes Gewand und eine sonderbare Spange hielt das Tuch um ihre Hüften zusammen. Mit langen, wiegenden, tigergleichen Bewegungen bat sie inständig den Geist des Bösen, ihr dabei zu helfen, ein Unrecht zu rächen“

... schreibt der britische Journalist 1905 voller Hingabe über die rätselhafte Frau mit dem Doppelleben, die als Tänzerin für ihre Ausstrahlung bewundert und später für ihre Spionagetätigkeit hingerichtet wurde.

Als die Niederländerin Margaretha Geertruida Zelle am 7. August 1876 das Licht der Welt erblickt, ahnt noch niemand, dass sie einmal zu der spannenden Persönlichkeit heranwachsen würde, für die sie bis heute bekannt ist. Erotisch, selbstbestimmt, raffiniert, abenteuerlustig und waghalsig; eine Tänzerin der besonderen Art und gleichzeitig Meisterspionin mit dem Hang zur Risikobereitschaft – Doch wie harmonieren diese Attribute? Was verbirgt sich hinter der Frau mit dem selbst kreierten Künstlernamen „Mata Hari“?

Robert Norths Neuster Ballettabend geht dem auf den Grund und entführt die Zuschauer*innen in die Welt einer Legende, für die bis heute eine große Faszination gehegt wird. Gemeinsam mit dem Komponisten Christopher Benstead (u.a. Carmen, Prinz Rama), der Bühnen- und Kostümbildnerin Luisa Spinatelli (u.a. Carmen, Beethoven!) und dem Ballettensemble bringt er die Geschichte der begehrten und schlussendlich doch tragisch gescheiterten Frau mit den verschiedenen Gesichtern auf die Bühne des Theaters Krefeld und Mönchengladbach. Verkörpert wird sie dabei von Teresa Levrini, die an der Hamlyn School in Florenz ausgebildet wurde und bereits ab ihrem neunten Lebensjahr zahlreiche Bühnenerfahrungen auf Tourneen mit der Compagnia Balletto Classico und dem Musical „Aquero“ sammelte. Seit der Spielzeit 2010/ 2011 ist die 31-jährige Italienerin ein fester Teil des Ensembles und spricht im Interview über ihre Rolle als „Mata Hari“ und wie sie sich darauf vorbereitet hat!

HINDENBURGER: Erzählen Sie gerne etwas über den neuen Ballettabend.

Teresa Levrini: Der Ballettabend erzählt mit „Mata Hari“ die Geschichte einer Frau, die durch viele Erfahrungen und Emotionen eine Menge unterschiedlicher Gesichter zeigt. Ich denke, jede*r einzelne im Publikum kann sich auf gewisse Weise mit ihr identifizieren, denn das Stück bildet ganz unterschiedliche Aspekte des Lebens ab.

HINDENBURGER: Wie fühlt es sich an, die Rolle der „Mata Hari“ zu tanzen?

Teresa Levrini: Diese Rolle ist wirklich eine große Ehre für mich und wie ein Geschenk von Robert North! Ich hatte zwar bereits die Möglichkeit, auch andere Hauptrollen zu tanzen (in „Sommernachtstraum“ und „Souvenirs aus West und Ost“), aber dass er ein ganzes Ballett mit mir kreiert, ist definitiv etwas Besonderes! Ich bin in dieser Rolle tatsächlich durchgehend auf der Bühne, eineinhalb Stunden lang. Nach meiner Fußverletzung und der Pandemie habe ich gar nicht damit gerechnet. Es war zunächst unklar, ob wir überhaupt nochmal eine Produktion wie diese werden machen können, daher ist es umso schöner! Die Rolle gibt mir die Möglichkeit, Roberts Arbeit noch einmal näherzukommen, intensiver mitzuerleben, wie er sich von der Musik leiten lässt und somit die Geschichte von Mata Hari auf die Bühne bringt. Und das ist echt faszinierend! Die Musik bildet die Grundlage seiner Arbeit und auf ihr basieren alle seine Kreationen.

Ich finde, Mata Hari ist einfach ein besonderer Charakter. Sie war eine sehr starke Frau in einer Zeit, in der Frauen in der Regel nicht die Möglichkeit hatten, zu arbeiten. Das war im Vergleich zu heute einfach eine vollkommen andere Gesellschaft, in der sie lebte. Doch sie wollte unabhängig sein. Durch ihren Tanz fand sie dann einen Weg, sich auszudrücken und für das, was sie tat, bewundert zu werden.

HINDENBURGER: Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Teresa Levrini: Natürlich habe ich mich erst mal über ihre Geschichte informiert, indem ich Bücher darüber gelesen und Filme geschaut habe. Aber ich habe auch viel mit Robert darüber gesprochen, denn es gibt eine Menge Abschnitte in Mata Haris Leben, die man auf die Bühne bringen kann. Daher war es für mich wichtig zu wissen, welche er dem Publikum überhaupt präsentieren möchte. In jeder Szene versuche ich, viel von mir selbst hineinzugeben, um vollständig mit der Rolle zu verschmelzen. Ich habe mich wirklich damit auseinandergesetzt und in den entsprechenden Situationen gefragt „Wie würdest du selbst reagieren?“, „Was würdest du sagen?“ oder „Wie würdest du dich jetzt an ihrer Stelle fühlen?“. Es geht ja nicht nur um das Tanzen, sondern auch um unsere schauspielerische Leistung in diesem Stück. Robert fragte mich sehr häufig „Wie würdest du in dieser Situation agieren?“ und dadurch haben wir die Rolle der Mata Hari Szene für Szene so konstruiert, dass sie für mich „ganz natürlich“ ist. Ich habe allerdings auch nicht wirklich viel Zeit darüber nachzudenken. (lacht) Ich muss häufig mein Kostüm wechseln, sowohl auf, als auch hinter der Bühne und daher beschränkt sich die längste Pause, die ich während des gesamten Balletts habe, auf circa fünf Minuten.

HINDENBURGER: Also würden Sie sagen, dass das Schauspielerische während dieser Produktion wichtiger ist als bei den bisherigen?

Teresa Levrini: Ja, meiner Meinung nach auf jeden Fall! Sie durchlebt so viele unterschiedliche Lebensabschnitte und ich denke, dass es wichtig ist, in der Rolle der 17-jährigen Mata Hari auf der Bühne nicht dieselbe zu sein wie als 40-Jährige. Das sind ganz unterschiedliche Emotionen.

HINDENBURGER: Was gefällt Ihnen an „Mata Hari“ besonders?

Teresa Levrini: Sie ist immer ihren eigenen Instinkten gefolgt und hat sich auf sich selbst verlassen. Ihre eigenen Entscheidungen getroffen. Sie hat immer nach vorne geschaut, nie zurück – selbst als sie verurteilt wurde. Das ist etwas was ich wirklich bewundere! Ein Stück weit erkenne ich mich aber auch in ihr wieder. Ich hatte immer das Ziel, Tänzerin zu werden und mit Robert gemeinsam zu arbeiten. Also bin ich meinen Weg gegangen und meinen Träumen gefolgt. Heute stehe ich hier.

HINDENBURGER: Dass es sich lohnen kann, für seine Träume zu kämpfen und sich selbst zu vertrauen, beweist demnach nicht nur die Niederländerin Margaretha Geertruida Zelle alias „Mata Hari“, sondern auch ihre Darstellerin Teresa Levrini! Wir wünschen ihr und dem gesamten Ballettensemble viel Erfolg für die anstehenden Vorstellungen von „Mata Hari“.