Eine schwarz weiß Portraitaufnahme von Rafael Bruck Eine schwarz weiß Portraitaufnahme von Rafael Bruck
Foto: © Matthias Stutte
Rafael Bruck
01.05.2022
Theater

Rafael Bruck

Der Mann mit der goldenen Kehle

Redaktion: Jessica Sindermann

Ein Tag im Leben eines Opernsängers

Bei meinem letzten Besuch im Theater Krefeld und Mönchengladbach habe ich mir „Winterreise“ angesehen – einen durch Choreografien von Robert North bereicherten Liederabend. Das Ensemble machte wie immer einen großartigen Job und ließ tänzerisch assoziative Bilder entstehen, während ein Sänger das Ganze mit seinem ausdrucksstarken, beeindruckenden Gesang begleitete. Kein Geringerer als Bariton Rafael Bruck, der bereits seit der Spielzeit 2012/2013 Mitglied des Musiktheaterensembles am Theater Krefeld und Mönchengladbach ist und u.a. als Graf Almaviva in „Le nozze di Figaro“, Herr Fluth in „Die lustigen Weiber von Windsor“ von Otto Nicolai, Lescaut in Jules Massenets Oper „Manon“, Heerrufer in Richard Wagners „Lohengrin“, Peter Besenbinder in Engelbert Humperdincks „Hänsel und Gretel“ und der Titelpartie in „Hamlet“ von Ambroise Thomas zu hören war. Und die gesamte Vorstellung über ging mir diese eine Frage nicht mehr aus dem Kopf: „Wie schafft er das?“

Dass Singen eine extreme körperliche Belastung ist und zu einer ganz anderen Art von Erschöpfung führen muss als acht Stunden reine Schreibtischarbeit, war mir spätestens nach dem Verfolgen der „Winterreise“ bewusst. Aber wie bereitet man sich auf eine solche Vorstellung mit einem Saal voller Publikum vor? Wie sieht ein Tag im Leben eines Opernsängers überhaupt aus? Rafael Bruck schildert mir seinen Tag und spricht über Probenzeiten, Essensvorlieben und Schlafgewohnheiten!


Morgens

7.00 Uhr

Es ist Zeit, aufzustehen, zu frühstücken und die Kinder fertig zu machen. Wir haben drei kleine Kinder und da kann es schonmal etwas wuseliger zugehen. Das dauert dann auch schonmal ein wenig…

8.30 Uhr

Da meine Partnerin in verschiedenen Schulen als Gesangslehrerin tätig ist und häufig schon um 8 Uhr dort sein muss, bringe ich meist die Kinder in den Kindergarten.

10.00 Uhr

Für mich geht's jetzt los zum Theater! Da ich direkt in der Nähe wohne, kann ich mit dem Fahrrad dorthin fahren. Ich schaue, dass ich immer etwas früher da bin, denn es ist wichtig, die Stimme vorher mit einigen Stimmübungen aufzuwärmen und den Körper vorzubereiten. Besonders bei einem Stück wie der „Zauberflöte“ ist man doch sehr viel in Aktion und da sollte man sich die Zeit unbedingt nehmen! Das ist im Prinzip wie beim Fußball – bevor das Spiel beginnt, wärmen sich alle Spieler*innen erst auf. Singen ist tatsächlich Hochleistungsport und mit viel Arbeit verbunden.


Mittags

12.00 Uhr

Die erste Hälfte der Probe ist um und ich habe eine kurze Pause. In dieser Zeit esse ich gerne eine Kleinigkeit; das kann eine Banane, ein belegtes Brötchen oder auch etwas Warmes aus unserer Theaterkantine sein. In Krefeld in der Kantine gibt es zum Beispiel wunderbare Suppen. Einige meiner Kolleg*innen verzichten lieber darauf, etwas zwischendurch zu Essen, aber ich brauche das, um fit zu bleiben! Denn es gibt natürlich auch sehr anstrengende Stücke, bei denen ich schwitze wie bei einem Marathonlauf, da sind etwas zu Trinken und auch zu Essen unabdingbar!

14.00 Uhr

Große Pause – Zeit, um meine Kraftreserven ein wenig aufzutanken und mich zu erholen! Ich verbringe die Zeit gerne mit meiner Familie oder gehe eine Runde draußen spazieren. Diese Pause ist mir wirklich heilig, um abends fit zu sein für die Vorstellung! Natürlich gibt es aber auch Phasen, in denen ich die Zeit währenddessen nutze um mir gewisse Partien noch einmal anzuschauen und weiter zu proben. Damit dann später auf der Bühne auch alles reibungslos funktioniert!

17.00 Uhr

Mindestens zwei Stunden bevor die Vorstellung beginnt muss ich auch schon wieder im Theater sein und in der Maske sitzen. Aktuell spielen wir ja die „Zauberflöte“ und da sind das sowohl das Kostüm als auch die Maske für meine Rolle als Papageno sehr aufwändig. Bis die Federn oder auch die Perücke fixiert sind, dauert das seine Zeit.


Abends

19.30 Uhr

Vorstellungsbeginn! In unserem aktuellen Stück „Zauberflöte“ verliebt sich der junge Prinz Tamino in das Bild von Pamina, die Tochter der Königin der Nacht. Paminas Mutter beauftragt den Prinzen, ihre Tochter aus den Fängen ihres Antagonisten Sarastro zu befreien. Gemeinsam mit seinem Freund Papageno, den ich singe und verkörpere, macht sich Tamino dann auf die Suche nach seiner Geliebten und mithilfe eines Glockenspiels und einer Zauberflöte bestehen die beiden gefährliche Abenteuer im Weltraum.

22.00 Uhr

Die Vorstellung ist zu Ende und nun muss der gesamte Haarschmuck von der/dem Maskenbildner*in wieder abgenommen werden. Noch einmal circa eine halbe Stunde Arbeit bei den ganzen Federn. Im Anschluss daran fahre ich dann aber nach Hause und mein Arbeitstag endet – Jedenfalls vorerst.

23.00 Uhr

Nach einem langen Tag voller Proben, Maske und Vorstellung bin ich jetzt wieder Zuhause angekommen. Schlafen kann ich dann nicht sofort, denn ich habe eine große Partie gesungen und bin noch voller Adrenalin. Ich spiele ja eine andere Rolle, bin in einer anderen Welt und gebe sehr viel Stimmliches, Emotionales und auch Körperliches in diese Rolle hinein. Ein Bier oder auch mal ein Kräutertee für die Stimme lassen mich dann aber langsam wieder zur Ruhe kommen.

00.00 Uhr

Jetzt ist es Zeit für meine wohlverdiente Nachtruhe, schließlich muss ich morgen wieder fit sein für die anstehenden Proben oder eine weitere Vorstellung!


Wir wünschen dem erfahrenen Bariton weiterhin alles Gute und bedanken uns für die offenen, ehrlichen Einblicke in sein Leben! Singen ist eben doch irgendwie Sport und erfordert eine Menge Disziplin und hartes Stimmtraining.